CHIRON
MITTEILUNGEN
DER KOMMISSION FÜR
ALTE GESCHICHTE UND
EPIGRAPHIK
DES DEUTSCHEN
ARCHÄOLOGISCHEN
INSTITUTS
Sonderdruck aus Band 51 · 2021
DE GRUYTER
Inhalt des 51. Bandes (2021)
Francisco Arias de Haro – Borja Díaz Ariño – Alejandra Guzmán
Almagro, Una nueva defixio latina conservada en el Museo Arqueológico de Linares
(Jaén, España) y las defixiones con forma de tabula ansata
Nicolai Futás, Eubulos jenseits von Isokrates und Xenophon. Eine Neubewertung im
Kontext fiskal- und gesellschaftspolitischer Umbrüche im spätklassischen Athen
Tibor Grüll, «With spiritual writings and Homeric words». A Hypsistarian soothsayer
in fourth-century Phrygia
Klaus Hallof, Alte und neue Inschriften aus Olympia III
Sophie Minon, La langue de la sentence des trois juges de Pellana: une koina
diplomatique achéenne faiblement éléisée
Peter Thonemann, Estates and the Land in Hellenistic Asia Minor: An Estate Near
Antioch on the Maeander
Hans-Ulrich Wiemer, Coinage and Currency in Ostrogothic Italy: Did Theoderic
and his successors have an economic or monetary policy?
Jeroen W. P. Wijnendaele – Michael P. Hanaghan, Constantius heros (ILCV
66) – An elegiac testimony on the decline of the Late Roman West
Reinhard Wolters, Gab es eine Finanzkrise in den späten Jahren des Augustus?
Münzprägung, Soldaten und Finanzströme im frühen Prinzipat
Michael Wörrle, Epigraphische Forschungen zur Geschichte Lykiens XIII: Die
Weinbergstiftung eines ptolemäischen Burgkommandanten von Limyra
Bernhard Woytek, Die clades Lolliana, eine übersehene Legendenvariante auf
Denaren des Augustus und das Gelübde pro salute et reditu des Jahres 16 v. Chr.
NICOLAI FUTÁS
Eubulos jenseits von Isokrates und Xenophon.
Eine Neubewertung im Kontext fiskal- und gesellschaftspolitischer
Umbrüche im spätklassischen Athen
Eubulos, Sohn des Spintharos, aus dem Demos Probalinthos gilt in der Forschung als
der wichtigste athenische Politiker zwischen 355 und ca. 340.1 Oft wird diese Zeitspanne als ‹Ära des Eubulos› bezeichnet.2 Das aktuelle Bild ist nach wie vor durch
den wirkmächtigen Aufsatz von G. L. Cawkwell aus dem Jahr 1963 geprägt, die
bisher letzte umfassende Untersuchung zu Eubulos.3 Nach dem desaströsen Bundesgenossenkrieg (357–355), der Athen an den Rand eines Bankrotts gebracht hatte, soll
er an der Spitze der Schaugelder- bzw. Theorikonkasse die fiskalische Gesundung der
Stadt vorangetrieben haben.4 Einerseits habe er mit wirtschaftsfördernden Maßnahmen die beiden wichtigsten Einnahmequellen der Polis, den Bergbau und den Handel,
revitalisiert.5 Andererseits habe er einen außenpolitischen Kurs verfolgt, der zwar auf
eine militärische Aufrüstung der Flotte setzte, also nicht, wie in der älteren Forschung
Den Gutachter*innen sowie Tobias Hirsch, Stephen D. Lambert, Richard Lange, Jonas
Osnabrügge und Kai Trampedach danke ich herzlich für die kritische Lektüre dieses Aufsatzes und viele hilfreiche Anmerkungen.
1
Eubulos habe «an der Spitze des Staates» gestanden (Beloch 1884, 175), diesen gelenkt
(Motzki 1903, 15; Glotz – Cohen 1936, 245), sogar einen «allgewaltigen Einfluss» besessen
(Schaefer 1885, 209). Eubulos sei eine «figure of the greatest importance» gewesen (Cawkwell 1963, 49), «responsible for Athenian policy in these years» (ebd., 51), ein «führender
Mann in der attischen Politik» (Gehrke 1976, 25; vgl. auch Funke 2007, 115). Er habe die athenische Politik dominiert (Leppin 1995, 558; Csapo – Wilson 2014, 393) und geprägt (Welwei
2011, 313).
2 So z. B. Engels 1993, 59; Hintzen-Bohlen 1997, 19; Welwei 2011, 313; Csapo – Wilson 2014, 393.
3 Cawkwell 1963.
4 Ebd., 47; 63–65; schon vor Cawkwell: Beloch 1884, 177; Schaefer 1885, 200; Glotz –
Cohen 1936, 245. Cawkwell folgend: Burke 1985, 258; Hansen 1991, 160; 264; Bleicken
1995, 92; 305; Harris 1995, 42; Leppin 1995, 558; Hintzen-Bohlen 1997, 8; 98 f.; Funke
2007, 115; Welwei 2011, 298.
5 Cawkwell 1963, 63–65; Gehrke 1976, 30; Burke 1984, 113; 117; Leppin 1995, 558
mit Anm. 9; Hintzen-Bohlen 1997, 98 f.; Burke 2002, 173; Funke 2007, 115; Rohde 2019,
269 f.
278
Nicolai Futás
betont, ‹pazifistisch› war, der aber eine aggressive Außenpolitik und kostenintensive
Operationen mied, es sei denn, vitale Interessen der Polis waren bedroht.6
Dieses Bild ist zwar nicht grundsätzlich verkehrt, doch in einigen zentralen Aspekten unbefriedigend. Erstens ist die Vorstellung von einer kohärenten «Wirtschaftspolitik», einem «umfassenden Programm», das Eubulos und seine Gruppe nach
dem Bundesgenossenkrieg implementiert hätten, zu hinterfragen.7 Weite Teile der
Forschung schreiben Eubulos alle ökonomischen und fiskalischen Veränderungen in
Athen nach 355 zu und deuten sie vor dem Hintergrund der Vorschläge Xenophons
zur Steigerung der öffentlichen Einnahmen in der Schrift Πόροι ἢ περὶ Προσόδων
(«what Xenophon proposed, Eubulus enacted»).8 Diese seit dem 19. Jh. gereifte und
6 Als Außenseiter schon Beloch 1884, 176. Vgl. Montgomery 1983, 68; Engels 1993,
60 f.; Jehne 1994, 119 f. mit Anm. 21; Hintzen-Bohlen 1997, 9; 95 f.; 101 f.; Näf 1997, 317–
340, insbesondere 326; Burke 2002, 175; Harris 2006, 133; Funke 2007, 115 f.; Welwei
2011, 304; Harris 2013; Rohde 2019, 269–273. Cawkwell 1963, 53; 66 spricht sich selbst
zwar nicht explizit für eine zurückhaltende Politik zugunsten eines Sparkurses aus, stuft aber
die Bemühungen des Eubulos als defensiv ein und sieht darin eher eine Vorbereitung auf den
Krieg. Sealey 1955, 77 hingegen hat es grundsätzlich abgelehnt, Eubulos eine defensive Politik
bzw. einen Nichtinterventionismus zuzuschreiben. Vor allem in der älteren Forschung ist eine
«Friedenspartei» identifiziert worden, an deren Spitze Eubulos konsequent gegen kriegerische
Handlungen gewirkt haben soll: Schaefer 1885, 186; 188; Böckh 1886, 707; Motzki 1903, 16;
Glotz – Cohen 1936, 242–245; 250 (hier ist sogar von «pacifisme» die Rede); noch Gehrke
1976, 25–27 spricht über Eubulos vom «Haupt einer großen Partei» (25), die eine «Politik des
Friedens und der Ruhe, genauer gesagt der Nichtintervention» (27) verfolgt habe; auch Bleicken 1995, 93 glaubt, dass Eubulos die Athener für eine «Friedenspolitik» zu gewinnen versuchte.
7 Zitate: zunächst Gehrke 1976, 30, dann Rohde 2019, 269; vgl. auch Burke 1984, 117:
«Eubulus’ entire economic recovery program».
8 Zitat: Cawkwell 1963, 56. Eine enge Verbindung zwischen Eubulos’ Politik und Xenophons Πόροι sieht zudem bereits vor Cawkwell Schaefer 1885, 192 f.; Motzki 1903, 13 f.
bezeichnet die Πόροι als «Flugschrift» für Eubulos; Buchanan 1962, 56: «In the concluding
chapter of Xenophon’s Πόροι (355 B.C.), which brochure, I am persuaded, was designed to support the platform of the party of the few in Athens, the aims and aspirations of Eubulos are
summed up neatly.»; Engels 1993, 60: «Publizistisch unterstützt durch Xenophon (Poroi) und
Isokrates (Friedensrede und Areopagitikos) war unter der Leitung des Eubulos beim athenischen Demos vorerst nichts so verpönt wie eine expansive und kostspielige Politik.»; HintzenBohlen 1997, 96: «Durch Schriften von Xenophon (Poroi) und Isokrates (Über den Frieden,
Areopagitikos) war ein neuer politischer Kurs vorbereitet, dessen Hauptaugenmerk nach innen
und auf die Wiedergewinnung der finanziellen Ressourcen gerichtet war. Eine solche Haltung
verbot von vorneherein militärische Eroberungen oder offensives Vorgehen; sie konnte nur auf
Angriff oder auf Bedrohung von lebenswichtigen Handelsinteressen reagieren. Mit Eubulos war
ein Staatsmann aufgetreten, der diesen neuen Kurs befürwortete und durchsetzen konnte.» Zurückhaltender hingegen sind folgende Autoren, die zwar eine inhaltliche Schnittmenge zwischen
der ‹Politik des Eubulos› und den Vorschlägen in den Πόροι sehen, ohne sich jedoch festzulegen,
ob eine direkte Verbindung zwischen Theorie und Praxis bestand: Beloch 1884, 175 f.; Gehrke
1976, 26 mit Anm. 9; Welwei 2011, 302; Günther 2016, 124 f.; Canevaro 2018, 443–445;
Rohde 2019, 269 mit Anm. 94.
Eubulos jenseits von Isokrates und Xenophon
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von Cawkwell gefestigte Sicht basiert zunächst auf einem bei Diogenes Laertios
überlieferten Fragment des Istros, das in seiner Glaubwürdigkeit allerdings umstritten
ist: Eubulos habe ein Psephisma erwirkt, das die Verbannung Xenophons aufhob.9
Selbst wenn beide befreundet waren, darf nicht daraus geschlossen werden, dass Eubulos die theoretischen Reflektionen als Handlungsanweisung verstand. Das ist schon
lange betont worden und gilt inzwischen als selbstverständlich. Des Weiteren basiert
diese Ansicht auf dem Umstand, dass eine partielle Übereinstimmung zwischen den
Überlegungen in den Πόροι und der politischen Praxis nach 355 zu beobachten ist.10
Problematisch ist, dass selbst Forscher, die die realpolitische Dimension der Schrift
vorsichtig bewerten, die inhaltliche Schnittmenge zwischen Theorie und Praxis pauschal als ‹Politik des Eubulos› ausgeben, obwohl nur wenige Quellen, die sich in der
Regel als knappe Bemerkungen darstellen und zumeist vage bleiben, über konkrete
politische Aktivitäten des Eubulos informieren.11 D. Whitehead hat nun in seinem
neuen Kommentar zu den Πόροι der Einschätzung Ph. Gauthiers folgend eine systematische Dekonstruktion dieser Verbindung vorgenommen und ist dabei zu dem
Ergebnis gekommen, dass die Quellen Eubulos tatsächlich nur in wenigen Fällen mit
den ihm in der Forschung zugeschriebenen Reformen in Verbindung bringen.12 Mit
anderen Worten: Eine ‹Finanz- und Wirtschaftspolitik› des Eubulos bleibt zunächst
einmal, obwohl gemeinhin als dessen politisches Hauptwerk angesehen, in weiten
Teilen hypothetisch und auf die fragwürdige Annahme angewiesen, dieser müsse als
graue Eminenz für die ökonomische und fiskalische Entwicklung der Stadt nach 355
verantwortlich gewesen sein.13 Dies wird zwar sowohl von den zeitgenössischen als
9 Istros FGrHist 334 F 32 (= Diog. Laert. 2, 59): Ἴστρος φησὶν αὐτὸν φυγεῖν κατὰ ψήφισμα
Εὐβούλου καὶ κατελθεῖν κατὰ ψήφισμα τοῦ αὐτοῦ. Die Glaubwürdigkeit dieser Notiz wird aufgrund der Chronologie angezweifelt (vgl. Sealey 1955, 76), da Eubulos erst 400/399 oder etwas
früher geboren (siehe Anm. 17 sowie 31 zum Todesdatum zwischen 343 und 330), Xenophon
jedoch bereits in den 390er-Jahren verbannt wurde. Andere akzeptieren Istros, sehen jedoch
nur im Eubulos des zweiten Beschlusses jenen aus Probalinthos (so etwa Beloch 1884, 175;
Schaefer 1885, 192; Motzki 1903, 9; 14; Gehrke 1976, 26 mit Anm. 9; Whitehead 2019,
24). Zumindest ist es bemerkenswert, dass Istros bereits in der Mitte des 3. Jhs. eine Verbindung
zwischen Eubulos und Xenophon herstellte.
10 Vgl. die Literatur aus Anm. 5, insbesondere Cawkwell 1963, 63–65.
11 Exemplarisch: Beloch 1884, 175 f.; Gehrke 1976, 26 mit Anm. 9; 30; Welwei 2011,
302; Canevaro 2018, 443–445; Rohde 2019, 269 f. mit Anm. 94. Von Eubulos selbst haben
sich keine Reden erhalten; vgl. die Quellensammlungen in den prosopographischen Einträgen
zu Eubulos bei PA 5369 und PAA 428495, denen allerdings noch Williams 2011 = Agora XIX
L6 und SEG 50, 168 = IG II2 1358 hinzugefügt werden müssen. Zur Besprechung der Evidenz
ausführlich die Abschnitte I–V.
12 Gauthier 1976, 223–231; Whitehead 2019, 25–29; vgl. auch Sealey 1993, 113 f.; 120.
13 Cawkwell 1963, 50 f.: «None the less, it is legitimate to see in Eubulus the real successor
of Callistratus and Diophantus and regard him and his group as in general responsible for Athenian policy in these years». Cawkwell stellt im Übrigen selbst fest (ebd., 63): «The methods by
which Eubulus achieved all this [d. h. die Einnahmensteigerung] are obscure, and almost all that
is possible is to conjecture on the basis of the proposals of Xenophon’s Revenues.»
280
Nicolai Futás
auch späteren Autoren gestützt, insofern sie Eubulos als erfolgreichen Finanzpolitiker und als angesehen bzw. mächtig wahrnahmen.14 Doch daraus zu schließen, dass
Eubulos der Urheber aller Veränderungen war, ist methodisch unzulässig. Das gilt
umso mehr, als man sich fragen muss, inwieweit die Theorikonkasse überhaupt, wie
oftmals erwogen, als «Steuerungsinstrument» gesehen werden kann, das Eubulos zur
Realisierung seiner politischen Vorhaben diente.15
Zweitens ist die außenpolitische Haltung des Eubulos nicht selten aus mutmaßlichen Allianzen oder Rivalitäten mit anderen Politikern abgeleitet worden, ohne dass
er in den herangezogenen Quellen direkt erwähnt wäre. Dabei reichen die Belege
meist nicht aus, um den Charakter des postulierten Verhältnisses zwischen den einzelnen Personen zuverlässig zu rekonstruieren. Methodisch verlässlicher ist es daher,
das Wirken des Eubulos nur anhand von Quellen zu analysieren, die sich unmittelbar
auf ihn beziehen.
Vor diesem Hintergrund möchte ich nach einer kurzen biographischen Skizze (I)
zunächst zeigen, dass die Analyse der Beziehungen des Eubulos zu anderen Rednern
ungeeignet ist, um seine politischen Positionen zu bestimmen (II). Auch ist es nötig,
einmal grundsätzlich zu klären, worauf er seinen Einfluss gestützt haben könnte und
14 Erfolgreicher Finanzpolitiker, der die Einkünfte vermehrte: Theopompos FGrHist 115 F
99 (= Harpokration s. v. Εὔβουλος); Plut. Praec. ger. reip. 812E–F. Ansehen und Macht: Dem.
21, 205–207 beschreibt Eubulos als ausgesprochen mächtig; Aisch. 2, 184 ruft Eubulos als Repräsentant der führenden Politiker Athens, «der politischen und besonnenen Männer» (ἐκ τῶν
πολιτικῶν καὶ σωφρόνων ἀνδρῶν) auf; Aisch. 3, 25 sowie Schol. Aisch. 3, 25 (Dilts 69b) betonen das Vertrauen, das Eubulos genoss, und die Macht, die ihm zuteilwurde. Dem. 18, 162 wirft
Aischines vor, Eubulos «schmeichlerische Gefolgschaft» (κολακεύων παρηκολούθεις) geleistet
zu haben; Din. 1, 96 erwähnt einige politische Entwicklungen als persönliche Errungenschaften
des Eubulos; Theopompos FGrHist 115 F 99 bezeichnet Eubulos als δημαγωγός ἐπιφανέστατος;
ähnlich auch später [Plut.] X orat. 840C: Weil Eubulos als namhafter Demagoge Aischines (im
Gesandtschaftsprozess) verteidigte, sei dieser freigesprochen worden; Plut. Phok. 7, 3 zählt Eubulos neben Aristophon, Demosthenes, Lykurg, Hypereides zu jenen einflussreichen Rednern,
die das Bema dem Strategeion vorgezogen hätten. Eubulos’ Ansehen ist auch daran ersichtlich,
dass ihm zu einem unbekannten Anlass nicht näher bekannte öffentliche Ehren zuteilwurden,
die postum von Hypereides angegriffen wurden, ohne dass klar wäre, ob dieser damit Erfolg
hatte (Hyp. Fr. 104–106 [Jensen]; Schol. Aisch. 2, 8 [Dilts 23]; die Rede wird von Harpokration s. v. Εὔβουλος mit dem Titel περὶ Εὐβούλου δωρεῶν angeführt). In Anbetracht der Tragweite eines postumen Prozesses sind nicht nur erbliche Privilegien wie die Speisung des jeweils
ältesten männlichen Nachkommen im Prytaneion (σίτησις) denkbar, sondern möglicherweise
auch die Aufstellung einer Ehrenstatue (so vermutet bereits von Schaefer 1885, 215 und später Gauthier 1985, 107; vgl. auch Engels 1993, 195). Sollte diese Hypothese zutreffen, wäre
Eubulos – noch vor Demades (ca. 335/334 (?); Din. 1, 101; vgl. Brun 2000, 78–83; Monaco
2011, 228) – einer der ersten oder der erste athenische Bürger gewesen, der seit Harmodios und
Aristogeiton eine dekretierte Ehrenstatue erhielt und kein Stratege war.
15 So z. B. wörtlich Funke 2007, 115. Eubulos’ Einfluss führen auf die Theorikonkasse zurück: etwa Cawkwell 1963, 56 f.; Hansen 1991, 263 f.; Bleicken 1995, 303–305; Näf 1997,
323; Hintzen-Bohlen 1997, 96–98; Funke 2007, 115 f.; Welwei 2011, 302 f.; Csapo – Wilson 2014, 393–395; Rohde 2019, 269–273.
Eubulos jenseits von Isokrates und Xenophon
281
welche konkrete Funktion der Theorikonkasse dabei zukam. Diese Frage ist bisher nur
umkreist, jedoch nicht hinreichend beantwortet worden (III). Anschließend stehen
Eubulos’ fiskal- und wirtschaftspolitische Aktivitäten im Fokus, wobei der Dekonstruktion von Whitehead ein vorsichtiger Rekonstruktionsversuch folgt. Hierbei
können mithilfe von epigraphischer Evidenz, die Cawkwell noch nicht zur Verfügung stand oder die er nicht berücksichtigte, neue Akzente gesetzt werden (IV). Danach wird das Bild einer defensiven außenpolitischen Linie, die Eubulos konsequent
verfolgt habe, diskutiert und hinterfragt (V). Abschließend soll Eubulos’ Wirken in
einem größeren Kontext verortet und als Teil einer Phase fiskal- und gesellschaftspolitischer Umbrüche in Athen verstanden werden (VI).
I Biographische Skizze
Eubulos stammt aus dem Demos Probalinthos, der Teil der marathonischen Tetrapolis war.16 Er muss 400/399 oder früher geboren worden sein, da er als einer der neun
Archonten des Jahres 370/369 belegt ist.17 Über seine Familie ist kaum etwas bekannt.
Der ansonsten nicht belegte Vater Spintharos hat ein Grabmal unbekannter Provenienz hinterlassen: eine fragmentarisch erhaltene, reliefierte Lekythos aus pentelischem Marmor, die einen sitzenden, bärtigen Greis (Σπίνθαρος) zeigt, der seine linke
Hand in Richtung eines ebenfalls bärtigen, zur Linken stehenden Mannes ausstreckt
(Εὔβουλος); rechts hinter dem Greis steht eine Frau (Βουλήτη).18 Vielleicht handelt es
sich um ein Monument (von mehreren) aus einem Grabbezirk der Familie im Kerameikos.19 Pausanias sah dort später Eubulos’ Grab, sodass dessen Bestattung in einem
Familiengrab durchaus denkbar ist, ohne dass es sich, wie durch den Kontext bei Pausanias suggeriert, um ein Staatsbegräbnis gehandelt haben muss.20
Eubulos’ Sohn, Spintharos, scheint in den 340er-Jahren ein Stadthaus im Wert von
sieben Minen erstanden zu haben;21 auch nahm er vielleicht an einem skandalösen
16 Der vollständige Name ist bei [Plut.] X orat. 840C genannt, abgesichert durch [Dem.] 59,
48 und Agora XIX P4, 4.
17 Agora XIX P4, 4.
18 Toulouse, Musée Saint-Raymond 30936; Clairmont, CAT 3.335a; IG II2 11370, ca. 370.
Die Identifikation ist relativ sicher, da zum einen der Name Spintharos im 5. Jh. vergleichsweise selten ist (vgl. PAA 830480 = 830535? = 830620?; PAA 830490 = PA 12852; PAA 830500;
PAA 830575 = PA 12851; PAA 830635 = 830640 = PA 12855 = Vater des Eubulos); zum anderen ist die Kombination Spintharos/Eubulos außerhalb der Familie nicht weiter belegt. Die
von Humphreys 2018, 896 mit Anm. 16 vermutete Verwandtschaft zu Phalantos, Sohn des
Spintharos (ohne Demotikon = PAA 830535), der auf einem Scherbengerichts-Ostrakon der
480er-Jahre genannt wird (Agora XXV 657), ist dagegen spekulativ, zumal auf den Scherben der
Ostrakophorie 471 (?) ein weiterer Spintharos aus dem Demos Koile (= PAA 830620) erscheint
(Agora XXV 662); vgl. dazu Brenne 2018, 484 f. (= Nr. 6944).
19 So mutmaßt jedenfalls Clairmont 1993, 159 f. (= CAT 3.335a).
20 Paus. 1, 29, 10.
21 [Dem.] 59, 39.
282
Nicolai Futás
Symposion teil, das in einer wilden Prügelei endete und einen Prozess nach sich zog.22
Daneben ist noch ein Cousin des Eubulos bekannt, Hegesileos, der vor allem als Stratege hervortrat und hierbei unter anderem die athenischen Truppen in der Schlacht
von Mantineia 362 kommandierte.23 Eubulos stand Hegesileos in einem Prozess bei.24
Die Spuren der Familie verlieren sich anschließend, ehe im 1. Jh. v. Chr. ein sonst
nicht weiter belegter Nachfahre als Dedikant auf einer viereckigen Basis aus eleusinischem Stein, die an der Tripodenstraße unweit des Lysikratesmonumentes gefunden
wurde, erwähnt ist.25 Der sozioökonomische Status der Familie und damit auch des
Eubulos bleibt dementsprechend schemenhaft, auch wenn das Grabmal des Vaters,
der Hauskauf des Sohnes und dessen Kontakte in die symposiastische Welt von Melite
vorsichtig eine Verortung am oberen Ende der sozialen Stratifikation nahelegen. Die
Ableistung von Liturgien ist allerdings nicht belegt.
Die politische Karriere des Eubulos vor dem Ende des Bundesgenossenkrieges liegt
größtenteils im Dunkeln. Sicher ist nur, dass er 370/369 Archon war, vielleicht einer
der Thesmotheten.26 S. Lambert hat die Möglichkeit aufgeworfen, dass es sich bei
dem Archon der marathonischen Tetrapolis, der in deren Opferkalender aus dem
zweiten Viertel des 4. Jhs. genannt wird, um Eubulos handeln könnte.27 Da dieser
aus Probalinthos stammte, einem der vier konstituierenden Demen der Tetrapolis,
und der Name Eubulos sowohl in Probalinthos selbst als auch in den anderen drei
Demen, Marathon, Oinoe und Trikorynthos, sonst nur ein weiteres Mal – und zwar
im 2. Jh. – belegt ist, ist die Identifikation mit Eubulos, Sohn des Spintharos, höchst
wahrscheinlich.28 Vor diesem Hintergrund ist vielleicht auch zu erklären, warum aus
dieser frühen Phase seiner Laufbahn nur wenige Informationen vorliegen. Eubulos
könnte zunächst im Rahmen der Tetrapolis politisch aktiv gewesen sein, ehe er eine
Karriere auf der städtischen Ebene verfolgte. Spätestens 355/354 war er aber eine feste
22 Dem. 54, 7; der Prozess fand wahrscheinlich nach 346, vielleicht 343 statt (vgl. Bers 2003,
67). Konon, der Beklagte, hatte nach einem Trinkgelage mit einigen Freunden, darunter ein oder
der Spintharos, in volltrunkenem Zustand Ariston, den Ankläger, im Zuge einer alten Rivalität,
die zwischen beiden seit dem gemeinsamen Wehrdienst in Panakton bestand, auf der Agora
gedemütigt und verprügelt.
23 Xen. Por. 3, 7; Ephoros FGrHist 70 F 85 (= Diog. Laert. 2, 53); Diod. 15, 84, 2; vgl. Whitehead 2019, 150 f.
24 Dem. 19, 290. Der Prozess lässt sich nicht näher datieren, fand aber wahrscheinlich in den
340er-Jahren vor 343 statt (vgl. MacDowell 2000, 325).
25 IG II2 3903: Εὔβουλος [Σπιν]θάρου Προβαλίσιος | Λεωχάρης ἐποίησεν; vgl. zur Datierung
über die Künstlerinschrift des Leochares d. J. DNO 3701.
26 Siehe Anm. 17; so vermutet von Hansen 1991, 289.
27 SEG 50, 168, A, col. 2, 39–40. Zur Inschrift ausführlich Lambert 2000, 43–70 mit der
Neuedition; Lambert 2018a, 149–180 zur Interpretation.
28 Vgl. Lambert 2000, 67 mit Anm. 35, bekräftigt in Lambert 2018a, 166. Die Identifikation des Archons als Eubulos, Sohn des Spintharos, wird auch von Petrakos 2020, 18 akzeptiert. Bei dem anderen Eubulos handelt es sich um einen Sohn des Demetrios aus Marathon, der
auf Delos mehrere Priesterschaften innehatte (I.Délos 1498, 5; 28; 34; PA 5364; vgl. Mikalson
1998, 236 f.).
Eubulos jenseits von Isokrates und Xenophon
283
Größe der städtischen Politik, da er in diesem Jahr von Demosthenes exemplarisch in
einer öffentlichen Rede erwähnt wird.29 Ab diesem Zeitpunkt ist Eubulos bis mindestens 343 regelmäßig als Litigant, Redner und Antragsteller belegt.30 Wahrscheinlich
ist er noch im unmittelbaren Vorfeld des zweiten Krieges gegen Philipp II. (340–338)
aktiv gewesen, anschließend schweigen die Quellen bis zur Nachricht seines Todes,
der vor 330 anzusetzen ist.31
II Politische Beziehungen
Der dürftigen Quellenlage geschuldet ist immer wieder der Versuch unternommen
worden, Eubulos durch die Handlungen oder Worte seiner vermeintlichen Freunde
bzw. Verbündeten, zum Teil auch seiner Gegner, politisch zu verorten.32 Paradigmatisch ist die später als Fakt übernommene Annahme Cawkwells, Eubulos müsse
die athenischen Interventionen an den Thermopylen 352 und auf Euböa 349/348 unterstützt haben, weil er der Kopf einer politisch homogenen Gruppe gewesen sei, zu
der auch die führenden Figuren dieser Unternehmungen, Nausikles, Diophantos von
Sphettos, Phokion, Meidias und Hegesileos, der Cousin des Eubulos, gehört hätten.33
Nausikles war der verantwortliche Stratege 352, Diophantos beantragte nach der Expedition die Siegesopfer.34 Phokion war 349/348 Stratege, so vielleicht auch Hegesileos; Meidias war möglicherweise die athenische Kontaktperson für Plutarch von
Eretria und übermittelte dessen Hilfegesuch, das der Intervention vorausging, an die
Athener.35 Allerdings ist die einzige bekannte Verbindung von Nausikles und Phokion
mit Eubulos der Gesandtschaftsprozess 343, in dem alle drei als συνήγοροι für Aischines aussagten.36 Daraus allein lässt sich kein stichhaltiger Beweis für eine politische
Allianz gewinnen. Noch unsicherer ist die Lage im Fall des Meidias. Als Demosthenes
29
Dem. 20, 137.
Vgl. die Abschnitte III–V.
31 Aktivität am Ende der 340er-Jahre: Dem. 18, 21; 69–70; 75. Tod: Dem. 18, 162.
32 Nur das Verhältnis zu Aischines lässt sich relativ sicher bestimmen: Beide kooperierten
sowohl vor Gericht als auch in der Volksversammlung so oft miteinander, dass in diesem Fall
zurecht von einer politischen Freundschaft gesprochen werden kann (vgl. z. B. Beloch 1884,
181; Schaefer 1885, 197; Gehrke 1976, 25; Sealey 1993, 117; Harris 1995, 38; ders. 2013).
Gut belegt ist das im Zeitraum zwischen 347 und 343: Sie arbeiteten gemeinsam an einem Bündnis gegen Philipp (Dem. 19, 304); sie sprachen sich beide für den Philokratesfrieden aus (Dem.
19, 291; Dem. 18, 21); Eubulos trat als συνήγορος für Aischines im Gesandtschaftsprozess auf
(Aisch. 2, 184; vgl. auch [Plut.] X orat. 840C); Demosthenes warf Aischines im Kranzprozess
sogar schmeichlerische Gefolgschaft (κολακεύων παρηκολούθεις) gegenüber Eubulos vor (Dem.
18, 161–162).
33 Cawkwell 1963, 48 f., als Fakt übernommen z. B. von Burke 1984, 111.
34 Nausikles: Diod. 16, 37, 3. Diophantos von Sphettos: Dem. 19, 86.
35 Phokion: Plut. Phok. 12. Hegesileos: Schol. Dem. 19, 290 (Dilts 513). Meidias: Dem. 21,
110.
36 Aisch. 2, 184.
30
284
Nicolai Futás
nach dessen Ohrfeige bei den Dionysien 348 einen Prozess gegen ihn vorbereitete, zu
dem es allerdings nie kam, befürchtete er, dass Eubulos Meidias unterstützen würde;
jedoch nicht aus Freundschaft zu Meidias – diese habe Eubulos sogar öffentlich zurückgewiesen –, sondern um Demosthenes zu schaden.37 Dieser Umstand sagt folglich mehr über die angespannte Beziehung zwischen Demosthenes und Eubulos als
zwischen Letzterem und Meidias aus. Diophantos von Sphettos und Eubulos werden
immerhin in zwei Quellen im selben Kontext genannt: zum einem in einem Scholion
zur Kranzrede des Aischines, in dem es heißt, sowohl Eubulos als auch Diophantos
hätten die Schaugelder verteilt;38 zum anderen in der Leptines-Rede des Demosthenes
aus dem Jahr 355/354, in der beide als Beispiele angeführt werden, dass jeder, der die
Abschaffung der ἀτέλεια befürworte, einen persönlichen Feind habe, dem dieses Privileg zuteil geworden sei.39 Das bedeutet allerdings nicht automatisch, dass Eubulos
und Diophantos zusammen mit Demosthenes gegen das Leptines-Gesetz opponierten.40 Cawkwell hat vermutet, dass Diophantos, der bereits vor dem Bundesgenossenkrieg zu den führenden Politikern gehört hatte, zunächst der ‹starke Mann› gewesen sein könnte, ehe Eubulos ihm, seinem Vorgänger und Verbündeten, den Rang
abgelaufen habe.41 Ausgehend von zwei isolierten und knappen Notizen, die eher den
Eindruck eines Nach- oder Nebeneinanders als einer engen Kooperation erwecken,
erscheint diese Interpretation ziemlich weitreichend – zumal nicht auszuschließen
ist, dass der Scholiast die Leptines-Rede kannte und aus der gemeinsamen Nennung
ebendort auf Basis seines Wissens über Eubulos den Schluss zog, Diophantos müsse
ein zweiter Eubulos gewesen sein. Hegesileos, dessen Beteiligung an der Expedition
nach Euböa ohnehin nur aus einem sonst nicht weiter gestützten Scholion zur demosthenischen Kranzrede abgeleitet wird, war zwar der Cousin des Eubulos und
wurde, wie erwähnt, zu einem nicht näher bekannten Anlass in den 340er-Jahren
in einem Prozess von diesem unterstützt, allerdings offenbar erst nach reichlichem
Zögern.42 Ansonsten ist auch in diesem Fall keine weitere Verbindung bekannt. Kurz:
Eine Unterstützung der Operationen der Jahre 352 und 349/348 durch Eubulos wird
in beiden Fällen ausschließlich aufgrund fragwürdiger persönlicher Verbindungen
vermutet. Schlüsse, die auf einer solchen Argumentationsgrundlage basieren, sollten
daher in der Betrachtung des Eubulos ausgeklammert werden.
Außerdem zeichnet sich bei den besser dokumentierten Beziehungen ab, dass Kooperation und Opposition von Sachfrage zu Sachfrage differieren konnten. Selbst
37
Dem. 21, 206–207; man einigte sich außergerichtlich: Aisch. 3, 52.
Schol. Aisch. 3, 24 (Dilts 65): ὕστερον καὶ πολλὰ ἅμα χρήματα διενείμαντο ἐπὶ τῇ τοῦ
θεωρικοῦ προφάσει, τὰ μὲν Διοφάντου, τὰ δὲ Εὐβούλου διανείμοντος.
39 Dem. 20, 137: ἔστι δ’ ἑκάστῳ τις αὐτῶν, ὡς ἔοικεν, ἐχθρός, τῷ μὲν Διόφαντος, τῷ δ’ Εὔβουλος, τῷ δ’ ἴσως ἄλλος τις.
40 So etwa angedacht von Kremmydas 2012, 410; vgl. aber die Einwände von Canevaro
2016, 43–46.
41 Cawkwell 1963, 48 f.; zu Diophantos: PA 4438; PAA 367640.
42 Siehe Anm. 24.
38
Eubulos jenseits von Isokrates und Xenophon
285
wenn man eine Freundschaft oder Rivalität nachweisen kann, darf folglich nicht
automatisch von der Position des einen auf die des anderen Redners geschlossen
werden. Deutlich wird dies am Beispiel der als ‹Erzrivalen› des Eubulos geltenden
Redner Aristophon von Azenia und Demosthenes, die in außenpolitischen Fragen
stets einen offensiven, zu Eubulos gegensätzlichen Kurs vertreten haben sollen.43 Zwar
sind die Beziehungen zu diesen Akteuren in den Quellen tatsächlich von Konflikten geprägt, doch zeichnen sich auch gemeinsame Positionen ab.44 In der Kranzrede
des Demosthenes heißt es etwa, Aristophon und Eubulos seien trotz ihrer sonstigen
Differenzen stets der gleichen Meinung gewesen, dass man ein Bündnis mit Theben
eingehen sollte.45 Außerdem reichten beide in demselben Kontext – wahrscheinlich
dem Vorabend des zweiten Krieges mit Philipp II. (340–338) – erfolgreiche Anträge
in der Volksversammlung ein, die sich gegen die makedonischen Aggressionen richteten, sodass sich auch hier die gleiche Stoßrichtung erkennen lässt.46 Ebenso agierte
Demosthenes gegen Philipp und stimmte wie Eubulos dennoch für den Philokratesfrieden 346.47 Im Kranzprozess 330 berief er sich sogar zu seiner Verteidigung auf Eubulos und Aristophon als Autoritäten, um zu rechtfertigen, warum er für ein Bündnis
mit Theben eingetreten war.48 Die Ansicht, dass Aristophon bzw. Demosthenes auf
der einen und Eubulos auf der anderen Seite in außenpolitischen Fragen grundsätzlich entgegengesetzte Kurse verfolgten, scheint vor diesem Hintergrund unbegründet.
Wie diese Beispiele zeigen, ist es verlässlicher, die politischen Aktivitäten des Eubulos
nicht anhand von schemenhaften Beziehungen und konstruierten Netzwerken oder
festen Gruppierungen zu erschließen.49
III Eubulos und die Theorikonkasse
Eubulos’ Einfluss führt man in der Regel auf die Theorikonkasse zurück, die zum
Teil als sein Steuerungsinstrument gesehen wird.50 Dass sie tatsächlich eine derartige
43 Aristophon: vgl. z. B. Schaefer 1885, 190; Motzki 1903, 9 f.; Hintzen-Bohlen 1997,
95; Harris 2013, 2545. Demosthenes: vgl. z. B. Cawkwell 1963, 47; Gehrke 1976, 25 f., der
allerdings betont, dass Demosthenes am Beginn seiner Karriere in der «Partei des Eubulos» war
(so auch Kremmydas 2012, 410); Hintzen-Bohlen 1997, 100; dagegen sieht Harris 2006,
133 f. keine großen Differenzen zwischen beiden Politikern.
44 Vgl. zu den Konflikten mit Aristophon: Schol. Dem. 21, 218 (Dilts 716); Dem. 19, 291;
Theopompos FGrHist 115 F 166 (= Did. in Dem. 8, 58) versus Dem. 19, 291; mit Demosthenes:
Dem. 3, 28–29; 31; Dem. 21, 205–207; Aisch. 2, 8; 184.
45 Dem. 18, 162.
46 Dem. 18, 69–70; 75.
47 Aisch. 3, 71–72; Dem. 19, 291.
48 Dem. 18, 161–162.
49 Vgl. auch die kluge Kritik an Versuchen, politische Gruppen bzw. Kreise von Rednern mit
einer einheitlichen Linie zu identifizieren, bei Hansen 1991, 277–287; Sealey 1993, 113–120;
Luraghi 2014, 200–202.
50 s. Anm. 15.
286
Nicolai Futás
Funktion erfüllte, darf jedoch bezweifelt werden. Kassen waren passive Verwaltungsobjekte und ihre Vorsteher, in diesem Fall die ἐπὶ τὸ θεωρικόν, verfügten über keine
institutionell verankerte politische Entscheidungsgewalt. Das heißt nicht, dass der
Theorikonkasse innerhalb der athenischen Finanzverwaltung keine Bedeutung zukam. Sie erlangte nach dem Bundesgenossenkrieg erhebliche Relevanz. Zum einen
flossen neben regelmäßigen monetären Zuweisungen alle Haushaltsüberschüsse
(περιόντα χρήματα τῆς διοικήσεως) in die Kasse, wodurch sie mit der Zeit ein beträchtliches Finanzvolumen erhielt.51 Zum anderen – eng damit verbunden – wurden
aus ihr nicht nur die namensgebenden Schaugelder (θεωρικά), sondern auch städtische Bauprojekte, vielleicht sogar die Aufrüstung der Flotte finanziert.52 Die ἐπὶ τὸ
θεωρικόν genossen schließlich einen ungewöhnlich großen Handlungsspielraum. In
der Kranzrede des Aischines aus dem Jahr 330 heißt es dazu:
«Früher allerdings, Männer von Athen, hatte die Stadt einen gewählten Kontrolleur (ἀντιγραφεύς), der dem Demos jede Prytanie die Einkünfte der Stadt darlegte; aber wegen eures Vertrauens in Eubulos übernahmen die gewählten Vorsteher der Theorikonkasse (οἱ ἐπὶ τὸ θεωρικόν),
ehe das Gesetz des Hegemon verabschiedet wurde, die Amtsaufgaben des ἀντιγραφεύς, ebenso
die der ‹Einnehmer› (ἀποδέκται) und sie standen den Schiffswerften vor; auch bauten sie die
Skeuothek, fungierten als Straßenbauaufsicht (ὁδοποιοί) und hielten beinahe die ganze Verwaltung der Stadt (διοίκησις τῆς πόλεως) in ihren Händen.»53
In dieser Passage wie auch in der Athenaion Politeia wird deutlich, dass die ἐπὶ τὸ
θεωρικόν nicht wie üblich durch Los, sondern durch Wahl per Handheben bestimmt
wurden; neben den militärischen Ämtern betraf das noch den Schatzmeister der
Kriegskasse (ταμίας στρατιωτικῶν) und den Aufseher über die Brunnen (αἱρεθεὶς
51
Unter den Überschüssen, den περιόντα χρήματα τῆς διοικήσεως ([Dem.] 59, 4), sind die
Gelder zu verstehen, die der Stadt aus der Differenz der durch den sogenannten μερισμός an
alle Ämter zugewiesenen Mittel zur Erfüllung der Amtsausgaben (dazu im Folgenden) und
den realen Ausgaben entstanden. Das Wort διοίκησις ist in diesem Sinne als Haushalt der Polis
bzw. städtisches Budget für alle Verwaltungsaufgaben zu verstehen, die περιόντα χρήματα τῆς
διοικήσεως als Haushaltsüberschüsse (vgl. zum Begriff auch Anm. 94). Die Zuflüsse der Kasse
werden zwar nicht explizit in den Quellen genannt, lassen sich aber indirekt aus [Dem.] 59, 3–8
und Dem. 3, 10–11; 29–31 erschließen; vgl. dazu Hansen 1976, 240–244, der den Sachverhalt
bisher am klarsten erörtert hat, und Sealey 1993, 257 f.
52 Harpokration s. v. θεωρικά: ταῦτα δὲ πρότερον μὲν εἰς τὰς τοῦ πολέμου χρείας ἐφυλάττετο
καὶ ἐκαλεῖτο στρατιωτικά, ὕστερον δὲ κατετίθετο εἴς τε τὰς δημοσίας κατασκευὰς καὶ διανομὰς […]. Konkret kann dies für folgende Projekte wahrscheinlich gemacht werden: das Dionysostheater, die Skeuothek, die Schiffshäuser im Piräus und infrastrukturelle Einrichtungen
(Straßen, Brunnen etc.); vgl. dazu die Abschnitte IV und V.
53 Aisch. 3, 25 (wenn nicht anders angegeben, handelt es sich um eigene Übersetzungen):
πρότερον μὲν τοίνυν ὦ ἄνδρες Ἀθηναῖοι ἀντιγραφεὺς ἦν χειροτονητὸς τῇ πόλει, ὃς καθ’ ἑκάστην πρυτανείαν ἀπελογίζετο τὰς προσόδους τῷ δήμῳ· διὰ δὲ τὴν πρὸς Εὔβουλον γενομένην πίστιν ὑμῖν οἱ ἐπὶ τὸ θεωρικὸν κεχειροτονημένοι ἦρχον μέν, πρὶν ἢ τὸν Ἡγήμονος νόμον γενέσθαι,
τὴν τοῦ ἀντιγραφέως ἀρχήν, ἦρχον δὲ τὴν τῶν ἀποδεκτῶν, καὶ νεωρίων ἦρχον, καὶ σκευοθήκην
ᾠκοδόμουν, ἦσαν δὲ καὶ ὁδοποιοί, καὶ σχεδὸν τὴν ὅλην διοίκησιν εἶχον τῆς πόλεως.
Eubulos jenseits von Isokrates und Xenophon
287
ἐπὶ τὰς κρήνας), also andere Ämter, die besonderen Sachverstand verlangten.54 Die
Amtsperiode dauerte von den einen Panathenäen zu den nächsten (ἐκ Παναθηναίων
εἰς Παναθήναια).55 Ob hiermit die Kleinen oder Großen Panathenäen und damit ein
ein- oder vierjähriger Turnus gemeint ist, lässt sich trotz einer sorgfältigen Abwägung
aller Hinweise nicht mit letzter Sicherheit beantworten.56 Eine längere Amtszeit ist
aber wahrscheinlicher. Da die Möglichkeit der Iteration nicht ausgeschlossen werden
kann, ist diese Frage in unserem Zusammenhang ohnehin von sekundärer Bedeutung.57 Zunächst stand wohl der Kasse ein einziger ἐπὶ τὸ θεωρικόν vor, ehe in den
330er-Jahren, vielleicht durch das von Aischines erwähnte Gesetz des Hegemon, das
offenbar den Einfluss des Amtes eindämmte, ein Kollegium installiert und ein Iterationsverbot beschlossen wurde.58
54
[Aristot.] Ath. pol. 43, 1.
Ebd.
56 Am ausführlichsten sind die Argumente bei Develin 1984, 133–138 (vierjährige Amtszeit) und Lewis 1997, 213 f. (einjährige Amtszeit) dargelegt. Die meisten Hinweise sind schwach
und können jeweils relativiert werden. Insgesamt ist die Argumentation von Develin überzeugender. Das meines Erachtens stichhaltigste Indiz stammt aus dem Ehrendekret für den laut
Athenaion Politeia ebenfalls ἐκ Παναθηναίων εἰς Παναθήναια amtierenden αἱρεθεὶς ἐπὶ τὰς
κρήνας Pytheas, der 333/332 für seine Leistungen im Amt von der Volksversammlung gewürdigt wurde (IG II3 1, 338). Als Pytheas am neunten Metageitnion – fast zwei Wochen nach den
Panathenäen 333 – ausgezeichnet wurde, war er immer noch im Amt; das deutet die Verwendung des Präsens ἐπιμελεῖται in Zeile 13 an. Da im Hekatombaion 334 die Großen Panathenäen
stattgefunden hatten, könnte Pytheas von 334 bis 330 das Amt bekleidet und nun am Beginn
seines zweiten Amtsjahres gestanden haben. Der Einwand, Pytheas müsse seine Amtszeit beendet haben, da ein Amtsträger erst nach Ablegung der Rechenschaft öffentlich geehrt werden
durfte (vgl. Aisch. 3, 9–31), wird durch den Passus ἐπαινέσαι Πυθέαν Σωσιδήμου Ἀλωπεκῆθεν,
ἐπειδὰν τὰς εὐθύνας δῶι, καὶ στεφανῶσαι αὐτὸν χρυσῶι στεφάνωι (18–21) entkräftet. Offenbar
beschloss der Demos Ehren für Pytheas unter dem Vorbehalt, dass die öffentliche Belobigung
und die Verleihung des Kranzes erst nach der Rechenschaftsprüfung stattfinden sollten. Diese
Praxis ist epigraphisch seit 343/342 gut belegt (bis 322 z. B. IG II3 1, 306; 417; 424; 323; 327; 458;
469; 360; 359; 369) und wurde von Aischines im Kranzprozess heftig attackiert (Aisch. 3, 11–12;
dazu auch Harris 2017, 105–115).
57 Die Forschung lässt die Möglichkeit der Iteration einhellig offen: Eindeutig dafür, allerdings ohne konkrete Indizien, plädieren etwa Beloch 1884, 179; Motzki 1903, 38; Cawkwell
1963, 55. Eine Iteration halten für denkbar bzw. wahrscheinlich: Rhodes 1972, 107; Sealey
1993, 116; Bleicken 1995, 303; Lewis 1997, 215; Rhodes 2013, 220 f.; Csapo – Wilson 2014,
394; Rohde 2019, 272. Zwar ist in [Aristot.] Ath. pol. 62, 3 von einem Iterationsverbot aller
Ämter, mit Ausnahme der militärischen und der Mitgliedschaft im Rat, die zweimal gehalten
werden durfte, die Rede, vgl. aber die folgende Anmerkung.
58 [Aristot.] Ath. pol. 43, 1 erwähnt ein Kollegium. Aisch. 3, 25 nennt zwar die ἐπὶ τὸ θεωρικόν im Plural, muss aber nicht notwendigerweise ein Kollegium impliziert haben; ebenso
könnte er summarisch die Gesamtheit aller Einzelamtsträger bis einschließlich Demosthenes gemeint haben. Aus IG II3 1, 306 geht mit großer Wahrscheinlichkeit hervor, dass im Jahr 343/342
nur ein einziger ἐπὶ τὸ θεωρικόν amtierte. Am Ende eines Ratsbeschlusses wird neben dem
γραμματεὺς κατὰ πρυτανείαν, dem ἐπὶ τὰ ψηφίσματα und den βουλῆς ταμίαι der ἐπὶ τὸ θεωρικόν
Kephisophon namentlich genannt (IG II3 1, 306, 34–42). Da die beiden Schatzmeister des Rates
55
288
Nicolai Futás
Unumstritten ist, dass Aischines’ Äußerungen über die Kompetenzen des ἐπὶ τὸ
θεωρικόν aufgrund ihrer prozesstaktischen Funktion teilweise übertrieben und nicht
in jeder Hinsicht wörtlich zu verstehen sind.59 Deutlich wird dies etwa an den Äußerungen über die ἀποδέκται, deren Aufgaben weiter unten umrissen werden. Sie übten
auch nach der Jahrhundertmitte weiterhin wie üblich ihr Amt aus,60 obwohl Aischines
andeutet, die ἐπὶ τὸ θεωρικόν hätten deren Amtspflichten übernommen (ἦρχον δὲ
τὴν τῶν ἀποδεκτῶν [scil. ἀρχήν]). Denkbar ist eher, dass der ἐπὶ τὸ θεωρικόν bei den
Amtsgeschäften als Kontrollinstanz zugegen war, wie es die Athenaion Politeia für
die ἐπὶ τὸ θεωρικόν auch bei den πωληταί andeutet, den zehn durch Los bestimmten
Amtsträgern, die für die Versteigerung öffentlicher Aufträge, u. a. der Minenkonzessionen im Laureion, zuständig waren.61 Ähnliches ist für die Formulierung ἦσαν δὲ
καὶ ὁδοποιοί anzunehmen. Die ὁδοποιοί bildeten ein Kollegium aus fünf durch Los
bestimmten Bürgern, das über öffentliche Sklaven verfügte und für den Bau und
die Instandhaltung der Straßen zuständig war.62 Vermutlich überprüfte der ἐπὶ τὸ
θεωρικόν die hierbei eingesetzten finanziellen Mittel, anstatt die Sanierung der Wege
Attikas operativ zu leiten. Die Amtsaufgaben des ἀντιγραφεύς, der regelmäßig über
die Einkünfte und Ausgaben der Stadt zu berichten hatte, könnten nach der Mitte des
4. Jhs. tatsächlich durch den ἐπὶ τὸ θεωρικόν wahrgenommen worden sein. Während
als Kollegium erscheinen (es gab ab der Jahrhundertmitte zwei, vgl. Rhodes 1972, 141; Develin 1989, 9 f.), gibt es keinen Grund zu der Annahme, dass die ἐπὶ τὸ θεωρικόν im Unterschied hierzu unvollständig genannt wurden. Aischines erwähnt das sonst unbekannte Gesetz
des Hegemon, das den Handlungsspielraum des Vorsteheramtes beschränkte. Dieses muss vor
Sommer 330, dem Zeitpunkt des Kranzprozesses, aus dem diese Information stammt, und nach
337/336 – für dieses Jahr möchte Aischines die Macht des Amtes betonen (vgl. die folgende
Anmerkung) – verabschiedet worden sein. Vielleicht wurde in diesem Zug das Amt zu einem
Kollegium umgeformt und die Möglichkeit der Iteration beseitigt (vgl. Rhodes 2013, 220 f.;
ders. 2016, 115). Der Autor der Athenaion Politeia (zwischen 335±1 und 322 abgefasst) könnte
sich auf die zu seiner Zeit aktuellen, im Gesetz des Hegemon getroffenen Regelungen bezogen
haben.
59 So z. B. Leppin 1995, 560 f.; Lewis 1997, 216–220; Rhodes 2013, 220. Einer der beiden formalen Anklagepunkte der γραφὴ παρανόμων gegen Ktesiphon war, dass Demosthenes
337/336 zum Zeitpunkt der Bekränzung, die Ersterer beantragt hatte und die den Anlass zum
Prozess bot, als Mauerbaubeauftragter (τειχοποιός) und ἐπὶ τὸ θεωρικόν amtierte und damit der
Antrag gegen die gesetzlichen Bestimmungen verstieß, wonach ein Amtsträger erst nach Ablegung der Rechenschaft bekränzt werden durfte (Aisch. 3, 9–31; vgl. auch die knappen Entgegnungen bei Dem. 18, 110–125). Indem nun Aischines die Macht des Amtes betonte, unterstrich
er mit Nachdruck, dass Demosthenes, gerade weil er so viele Befugnisse besaß, in besonderem
Maße der Rechenschaftspflicht unterlag und der Antrag Ktesiphons umso skandalöser war.
60 Belegt z. B. durch IG II3 1, 298, 43 (347/346); IG II3 1, 447, 19–20 (ergänzt, ca. 335–330);
IG II2 1627, 228–229 (329/328); IG II2 1628, 629–630 (327/326).
61 [Aristot.] Ath. pol. 47, 2: ἔπειθ’ οἱ πωληταὶ ιʹ μέν εἰσι, κληροῦται δ’ εἷς ἐκ τῆς φυλῆς. μισθοῦσι δὲ τὰ μισθώματα πάντα, καὶ τὰ μέταλλα πωλοῦσι καὶ τὰ τέλη μετὰ τοῦ ταμίου τῶν στρατιωτικῶν καὶ τῶν ἐπὶ τὸ θεωρικὸν ᾑρημένων ἐναντίον τῆς βουλῆς. Zu den πωληταί und ihren
inschriftlich erhaltenen Aufzeichnungen: Langdon 1991, 53–143 (= Agora XIX).
62 [Aristot.] Ath. pol. 54, 1.
Eubulos jenseits von Isokrates und Xenophon
289
das zuvor und danach belegte Amt zeitweise verschwindet, erscheint in einer Weihung
des Rates von 343/342, die mehrere Dekrete verzeichnete, neben dem γραμματεὺς
κατὰ πρυτανείαν, dem ἐπὶ τὰ ψηφίσματα und den βουλῆς ταμίαι der ἐπὶ τὸ θεωρικόν –
nach D. Lewis anstelle des ἀντιγραφεύς.63 Ebenso ist zwischen 347/346 und 335/334
ein Bruch in den Aufzeichnungen der Aufseher über die Schiffswerften (ἐπιμεληταὶ
τῶν νεωρίων), den sogenannten Seeurkunden, wichtigen Dokumenten zu Größe,
Zustand, Operationen sowie Finanzierung von Flotte und Infrastruktur, zu beobachten.64 Während das Kollegium in den Inschriften bis 348/347 sowie später ab 334/333
belegt ist, fehlen für die Zwischenzeit Nachweise.65 Es liegt zudem überhaupt nur eine
Seeurkunde vor, die Informationen für die Zeit von 347/346 bis 335/334 bereithält;
diese weist einige Besonderheiten auf, beispielsweise enthält sie trotz ihrer Länge von
783 Zeilen kein sonst übliches Verzeichnis von Schiffen oder Schiffsmaterial, sondern
ausschließlich eine Schuldenliste.66 Lewis hat die Unregelmäßigkeiten nachvollziehbar zum Anlass genommen, καὶ νεωρίων ἦρχον so zu deuten, dass die ἐπὶ τὸ θεωρικόν
auch die Kontrollfunktion der ἐπιμεληταὶ τῶν νεωρίων übernahmen.67 Das Amt hätte
damit einen Überblick sowohl über den Zustand als auch die Finanzierung der Flotte
und der dazugehörigen Infrastruktur ermöglicht. Vielleicht ist auch die Wortwahl
σκευοθήκην ᾠκοδόμουν mehr im Sinne einer Aufsichtsfunktion über die Baufinanzierung der Skeuothek zu verstehen.
Der ἐπὶ τὸ θεωρικόν verfügte demnach über umfangreiche Kontrollbefugnisse im
Bereich der Verwaltung öffentlicher Gelder, nicht nur der θεωρικά, und stand der –
zumindest in den 340er-Jahren – wichtigsten Kasse der Stadt vor. Allerdings hatte er,
wie bereits oben festgestellt, keine besondere politische Entscheidungsgewalt inne.
Sowohl der Finanzierungsumfang als auch der Verwendungszweck öffentlicher Geldmittel waren Gegenstand der politischen Debatte und wurden spätestens seit 386/385
gesetzlich geregelt.68 Hierzu wurde ein zentraler Zuteilungsschlüssel festgelegt, nach
dem fixe Beträge an alle Ämter bzw. Kassen zur Erfüllung der jeweiligen Aufgaben
verteilt werden sollten. Diese Zuteilung, der sogenannte μερισμός, basierte auf einem
νόμος, wurde also durch den als Nomothetenkollegium konstituierten Demos beschlossen und konnte ebenso durch ein Nomothesieverfahren bei Bedarf nachträglich
angepasst werden.69 Einmal in jeder Prytanie erhielten die zehn gelosten ἀποδέκται
öffentliche Gelder und gaben diese gemäß der beschlossenen Zuteilung an die ein63 IG II3 1, 306, 34–42 mit Lewis 1997, 216 f.; so auch Rhodes 2013, 222; ders. 2016, 116;
vgl. auch oben Anm. 58.
64 Mit einem Überblick über die Seeurkunden: Gabrielsen 2014, 38–40.
65 IG II2 1620, 42–45 (349/348); IG II2 1622, 550–551 (348/347); IG II2 1623, 1–3 (334/333).
66 IG II2 1622 (nach 342/341 publiziert).
67 Vgl. Lewis 1997, 217–221, der allerdings von einem Kollegium ausgeht.
68 AIO 801, 18–22 (= IG II2 29).
69 IG II3 1, 452, 41–46; IG II3 1, 327, 15–23; IG II3 1, 355, 35–41. Zum μερισμός ausführlich
Rhodes 1972, 99–105; 218–220; ders. 2013, 217–219; zusammenfassend zum Gesetzgebungsprozess: Harris 2016, 75 f.
290
Nicolai Futás
zelnen Ämter bzw. Kassen weiter; am nächsten Tag erstatteten sie dem Rat über die
Zuweisungen Bericht.70 Dem μερισμός lag demnach eine Art Haushalts- bzw. Budgetplan zugrunde, und die politischen Entscheidungsorgane, Rat, Volksversammlung,
Gerichte und Nomothetenkollegium, boten die Bühne, auf der die Verteilung öffentlicher Gelder diskutiert wurde.71 Der μερισμός war ein Automatismus, und der ἐπὶ
τὸ θεωρικόν konnte qua Amt weder die gesetzlich fixierte Geldverteilung abändern
noch das kollektiv Beschlossene verweigern, auch wenn er die Arbeit der ἀποδέκται
überprüft haben mag.
Wie stand nun Eubulos mit der Kasse in Verbindung und wie könnte er einen politischen Nutzen hieraus gezogen haben? Aus der zitierten Passage bei Aischines geht
hervor, dass die weitreichenden Kontrollbefugnisse der Kassenvorsteher auf das Vertrauen zurückgingen, das die Athener in Eubulos setzten (διὰ δὲ τὴν πρὸς Εὔβουλον
γενομένην πίστιν ὑμῖν … σχεδὸν τὴν ὅλην διοίκησιν εἶχον τῆς πόλεως). Offenbar war
er für die institutionelle Gestalt des Amtes verantwortlich; wahrscheinlich amtierte
er auch selbst als ἐπὶ τὸ θεωρικόν.72 Verstärkt wird diese Vermutung durch zwei weitere zeitgenössische Quellen, die Eubulos prominent mit der Auszahlung der in der
Theorikonkasse verwalteten Schaugelder verknüpfen. Harpokration zitiert in seinem
Eintrag zu den θεωρικά den spätklassischen Redner Philinos, der offenbar den Antrag
Lykurgs angriff, wonach Statuen der drei großen Tragiker Aischylos, Sophokles und
Euripides aufgestellt werden sollten:73
«Philinos aber sagt in der Rede gegen die Statuen des Sophokles und Euripides über Eubulos: Es
[das Geld] wurde θεωρικόν genannt, weil er es, als die Dionysien bevorstanden, für das Opfer
verteilte, damit alle das Fest feiern könnten und kein Bürger das Schauspiel aufgrund von Armut
missen müsste.»74
Im Eintrag zu Eubulos beruft sich Harpokration auf Theopompos, der die innerathenischen Verhältnisse gut kannte:
70
[Aristot.] Ath. pol. 48, 1–2.
Beispiele für solche Debatten finden sich reichlich: vgl. Dem. 13, 1–4; Dem. 4, 28–29;
Dem. 1, 19–20; Dem. 3, 10–11; 28–31; vgl. auch die Inschriften aus Anm. 69; hier entschied der
Demos sich offenbar, die Nomotheten einzuberufen, um den μερισμός anzupassen; eine entsprechende Debatte in der Volksversammlung dürfte vorausgegangen sein.
72 Das ist Communis Opinio: vgl. z. B. Motzki 1903, 37 f.; Cawkwell 1963, 54; Gehrke
1976, 29; Hansen 1991, 160; 263 f.; Sealey 1993, 116 (vielleicht); Bleicken 1995, 93; Hintzen-Bohlen 1997, 98; Lewis 1997, 215; Welwei 2011, 302 f.; Csapo – Wilson 2014, 394.
73 Möglicherweise handelt es sich bei Philinos um den Sohn des Nikostratos aus dem Demos
Lakiadai (= APF 14327). Zum Antrag Lykurgs vgl. auch [Plut.] X orat. 841F; Paus. 1, 21, 1–2.
74 Harpokration s. v. θεωρικά: Φιλῖνος δὲ ἐν τῇ [περὶ] Πρὸς Σοφοκλέους καὶ Εὐριπίδου
εἰκόνας περὶ Εὐβούλου λέγων φησὶν· ἐκλήθη δὲ θεωρικὸν, ὅτι τῶν Διονυσίων ὑπογύων ὄντων
διένειμεν Εὔβουλος εἰς τὴν θυσίαν, ἵνα πάντες ἑορτάζωσι καὶ τῆς θεωρίας μηδεὶς τῶν πολιτῶν
ἀπολείπηται δι’ ἀσθένειαν τῶν ἰδίων.
71
Eubulos jenseits von Isokrates und Xenophon
291
«Dass er ein besonders hervorstechender Demagoge war, sorgsam und fleißig, eine beträchtliche Summe Geld beschaffte und es an die Athener verteilte, weshalb es auch dazu kam, dass
die Stadt unter seinem politischen Wirken äußerst unmännlich und sehr leichtsinnig wurde,
schreibt Theopompos im zehnten Buch seiner Philippika.»75
Es sind offenkundig die Schaugelder gemeint. Mindestens eine Periode dürfte Eubulos
also selbst ἐπὶ τὸ θεωρικόν gewesen sein, zumal nur wenige andere Namen mit dem
Kassenamt in Verbindung zu bringen sind; vielleicht kontrollierte er das Amt auch –
für die Öffentlichkeit wahrnehmbar – über Vertraute, so wie das beispielsweise später
bei Lykurg als ἐπὶ τῆι διοικήσει der Fall war.76
Noch ein weiterer Sachverhalt deutet sich in den zitierten Quellen an. Eubulos
war wahrscheinlich nicht nur die maßgebliche Triebfeder hinter den umfangreichen
Befugnissen der ἐπὶ τὸ θεωρικόν, sondern auch der Initiator der regelmäßigen Schaugelder. Zwar werden bei späteren Autoren auch Perikles und Agyrrhios als mögliche
Urheber genannt, doch sind zum einen die θεωρικά in den zeitgenössischen Quellen
vor der Mitte des 4. Jhs. nicht belegt, während die politischen Subsistenzzahlungen
für Richter und Teilnehmer an der Volksversammlung etwa in der Alten Komödie
75 Theopompos FGrHist 115 F 99: ὅτι δὴ δημαγωγὸς ἦν ἐπιφανέστατος, ἐπιμελής τε καὶ
φιλόπονος, ἀργύριον τε συχνὸν πορίζων τοῖς Ἀθηναίοις διένειμε, διὸ καὶ τὴν πόλιν ἐπὶ τῆς
τούτου πολιτείας ἀνανδροτάτην καὶ ῥαιθυμοτάτην συνέβη γενέσθαι, Θεόπομπος ἐν τῆι ιʹ τῶν
Φιλιππικῶν. Vgl. auch Theopompos FGrHist 115 F 100 (= Athen. 4, 166d–e).
76 Vgl. [Plut.] X orat. 841C. Als Amtsträger zu Eubulos’ Lebzeiten ist noch sicher der in
Anm. 58 erwähnte Kephisophon, Sohn des Kephalion, aus dem Demos Aphidna, im Jahr 343/
342 belegt (IG II3 1, 306, 38–39). Eine direkte Verbindung Kephisophons zu Eubulos lässt sich
nicht herstellen (zu Kephisophon: APF 8410; PAA 569180; Humphreys 2018, 1146 f.). Ob Eubulos noch lebte, als Demosthenes im Amt war, lässt sich nicht sagen (mindestens im Jahr 337/
336: Aisch. 3, 24). Sollte dies der Fall gewesen sein, scheint er zu diesem Zeitpunkt aber keine
unmittelbare Kontrolle mehr über die Kasse ausgeübt zu haben, da Demosthenes sicher nicht
als Vertrauter des Eubulos bezeichnet werden kann. Das bedeutet aber nicht notwendigerweise,
dass Eubulos seinen Einfluss gegen den eigenen Willen einbüßte; vielleicht zog er sich auch
altersbedingt aus der ersten Reihe zurück. Motzki 1903, 32 hat Eubulos’ Einfluss auf das Amt
des Kassenvorstehers bis 339/338 angesetzt, Cawkwell 1963, 47 f. bis mindestens 343 – eine
sinnvolle Einschätzung, da Eubulos’ politische Prominenz noch während des Gesandtschaftsprozesses währte (vgl. Aisch. 2, 184). Vielleicht amtierte auch der jüngere Bruder des Aischines,
Aphobetos, vor 343 als ἐπὶ τὸ θεωρικόν. In der Gesandtschaftsrede ist – allerdings sehr unspezifisch – davon die Rede, dass dieser die Einkünfte der Polis auf schöne und gerechte Weise
verwaltete (Aisch. 2, 149: καλῶς δὲ καὶ δικαίως τῶν ὑμετέρων προσόδων ἐπιμεληθείς). Hierbei könnte sich tatsächlich eine direkte Verbindung zu Eubulos abzeichnen, denn bei aller Relativierung von politischen Allianzen und Rivalitäten lässt sich zumindest im Fall von Eubulos
und Aischines eine enge politische Freundschaft annehmen (vgl. Anm. 32). Und schließlich
deutet das Schol. Aisch. 3, 24 (Dilts 65) an, dass Diophantos von Sphettos als Vorsteher der
Theorikonkasse amtierte (ὕστερον καὶ πολλὰ ἅμα χρήματα διενείμαντο ἐπὶ τῇ τοῦ θεωρικοῦ
προφάσει, τὰ μὲν Διοφάντου, τὰ δὲ Εὐβούλου διανείμοντος); vgl. aber die Bemerkungen in
Abschnitt II.
292
Nicolai Futás
thematisiert werden.77 Zum anderen verknüpfen die verfügbaren, oben angeführten Zeugnisse der zweiten Hälfte des 4. Jhs. nicht Perikles oder Agyrrhios, sondern
Eubulos mit der Auszahlung der Schaugelder. Philinos sagt zwar nicht im Wortlaut,
Eubulos habe die Schaugelder eingeführt, doch begründet er immerhin den Terminus
mit Eubulos’ Wirken und impliziert, dass die Zahlungen in ihrer bekannten Form erst
seit diesem existierten. Auch bei Theopompos klingt an, dass Eubulos an der Einführung des θεωρικόν entscheidend beteiligt war, da er diesen persönlich für die Leichtlebigkeit verantwortlich macht, der die Athener während dessen Wirken, d. h. nicht
vorher oder nachher, anheimgefallen seien.78 Selbst wenn es schon im 5. Jh. punktuelle
Zahlungen dieser Art gegeben hat, sprechen die wenigen Indizien am ehesten dafür,
dass erst Eubulos die Schaugelder als feste staatliche Zahlung etablierte und dabei die
Einrichtung einer entsprechenden Kasse samt Vorsteheramt beantragte.79 Während
die einzelnen Schritte, die zu den Kompetenzen der ἐπὶ τὸ θεωρικόν führten, wie sie
bei Aischines und in der Athenaion Politeia erscheinen, vollkommen im Dunkeln
liegen, liegt für die Einrichtung der Gelder und der Kasse ein Zeitpunkt in den Jahren
nach 355 nahe: Aus einer Debatte über die Verwendung der Haushaltsüberschüsse
im Jahr 349/348 geht hervor, dass die Schaugelder zu dieser Zeit bereits eine wichtige
77
Perikles: Plut. Per. 9, 1. Agyrrhios: Harpokration s. v. θεωρικά. Thematisierung der Zahlungen: Aristoph. Nub. 863; Vesp. 606; Eccl. 303; Plut. 329 und Ruschenbusch 1979, 305 f. mit
Anm. 11.
78 Aischines erwähnt zwar die θεωρικά nicht, vgl. aber Aisch. Schol. 3, 25 (Dilts 69b), wo
auf die Zahlung der Schaugelder Bezug genommen wird: οὗτος [Eubulos] γὰρ πολιτευόμενος
ἦρχε τῶν θεωρικῶν, καὶ διὰ τὴν εὔνοιαν αὐτοῦ καὶ ἄλλας διοικήσεις αὐτῷ ἐπίστευσεν οἷον καὶ
τὴν τοῦ ἀντιγραφέως ἀρχήν.
79 Für punktuelle Zahlungen im 5. Jh. plädiert vor allem Roselli 2009, 5–30; ders. 2011,
87–96. Über die Frage, wann genau die Schaugelder eingeführt wurden, herrscht auch in der
Forschung Uneinigkeit. Bisher am überzeugendsten hat dies meines Erachtens Ruschenbusch
1979, 303–308 erörtert und gezeigt, dass mit großer Wahrscheinlichkeit Eubulos die Initiative
zuzuweisen ist; neben den hier angeführten finden sich dort weitere Argumente. Die irrigen
Zuschreibungen an Perikles und Agyrrhios erklärt Ruschenbusch 1979, 308 damit, dass Plutarch als Ursprung der Perikles-Tradition diesen zum «Begründer des Wohlfahrtsstaates, auf
den sämtliche Ausgaben zugunsten des Demos – darunter natürlich auch das Theorikon – zurückgingen», stilisierte. Tatsächlich versucht Plutarch an dieser Stelle (Plut. Per. 9, 1), Thukydides’ Deutung zu widerlegen, Perikles habe die Demokratie aristokratisiert, indem er Letzterem
attestiert, die Verteilung öffentlichen Landes per Los (κληρουχία), die politischen Subsistenzzahlungen (μισθῶν διανομή) und die Schaugelder (θεωρικά) eingeführt zu haben (ähnlich wie
Ruschenbusch auch Rhodes 1981, 514; ders. 2013, 219). Agyrrhios hingegen könnte in die
Überlieferung geraten sein, weil eine Verwechslung des Diophantos von Sphettos, der durch
ein wenig aussagekräftiges Scholion zu Aisch. 3, 24 unspezifisch in die Nähe der Schaugelder
gerückt wird, mit dem gleichnamigen Archon aus dem Jahr 395/394 sowie die in der Athenaion
Politeia belegten Bemühungen des Agyrrhios um das ἐκκλησιαστικόν in ebenjener Zeit ([Aristot.] Ath. pol. 41, 3) womöglich zu einer falschen Verkettung bei Harpokration führten. Siehe
auch Roselli 2009, 12 f. mit weiteren Einwänden gegen die Zuschreibung an Agyrrhios.
Eubulos jenseits von Isokrates und Xenophon
293
Institution waren.80 Wenn Eubulos die Schaugelder einführte, kann dies aufgrund
seines Alters nicht vor den 370er-Jahren geschehen sein. Zwischen 378/377 und 355
führten die Athener beinahe unablässig Krieg und operierten auf der Peloponnes, auf
Euböa, im Ionischen Meer, vor Kleinasien und besonders in der Nordägäis an vielen
Schauplätzen, sodass die Stadt in beständiger Geldnot war.81 Äußerungen bei Apollodoros und Harpokration legen nahe, dass, wenn öffentliche Gelder verfügbar waren,
diese zur Finanzierung von Flottenunternehmungen verwendet wurden.82 Unter diesen Umständen ist es eher unwahrscheinlich, dass die Schaugelder vor 355 eingeführt
und ein neuer Posten im μερισμός geschaffen oder gar die – in dieser Zeit ohnehin
nicht vorhandenen – Überschüsse auf gesetzlichem Weg in die Theorikonkasse umgeleitet wurden. Handlungsspielraum entstand erst mit der kurzfristigen militärischen
Beruhigung nach 355.
Mit der Einführung der Schaugelder legte Eubulos wahrscheinlich das Fundament
für das von Aischines erwähnte Vertrauen bzw. Ansehen (πίστις), das er bei seinen
Mitbürgern genoss – und zwar schon zu einem Zeitpunkt in der zweiten Hälfte der
350er-Jahre:83 Wie nicht nur der oben zitierte Eintrag bei Harpokration verdeutlicht,
wurden die Schaugelder ausgezahlt, um mittellosen Bürgern die Teilhabe an den Festen der Stadt zu ermöglichen, indem sie den Theatereintritt durch eine Pauschalzahlung von einer Drachme pro Kopf kompensierten.84 Die prominente Rolle bei der
80
[Dem.] 59, 3–8 und Dem. 3, 10–11; 29–31. Schon die im Corpus Demosthenicum überlieferte Rede Περὶ Συντάξεως impliziert die Existenz der θεωρικά in den späten 350er-Jahren
(Dem. 13, 1; 4; 30; zur Datierung: MacDowell 2009, 227–229).
81 Eine Liste der militärischen Operationen, die in dieser Zeit durchgeführt wurden, habe
ich in meiner laufenden Dissertation zusammengestellt; vgl. auch die Schätzungen der Kriegskosten in den 370er-Jahren bei Pritchard 2015, 99–111; ders. 2020, 153–157, der von durchschnittlich über 500 Talenten pro Jahr ausgeht. Es genügt an dieser Stelle ein Blick auf die Jahre
des Bundesgenossenkrieges 357–355, um die massiven Anstrengungen der Polis, Geldmittel für
den Krieg bereitzustellen, zu skizzieren: Als Reaktion auf Unterschlagungen von Schiffsausrüstung durch Trierarchen, die einem immer stärkeren finanziellen Druck ausgesetzt waren – es
mussten deswegen bereits geplante Flottenexpeditionen abgesagt werden ([Dem.] 47, 20; vgl.
auch IG II2 1611 mit Gabrielsen 2008, 53 f. sowie 62 f. mit Tabelle 1) –, beschloss die Volksversammlung 357/356 ein Psephisma, das die Erstellung einer Schuldenliste und die anschließende
Eintreibung der Gelder vorsah ([Dem.] 47, 20–22; dazu Gabrielsen 1994, 149–162). Auch
erhoben Androtion und seine Kollegen 356/355 unter Gewaltanwendung und ohne Rücksicht
eine εἰσφορά (Dem. 24, 197–198; zur Datierung: Harding 1976, 193). Im selben Jahr legte das
Leptines-Gesetz vorerst die Abschaffung der ἀτέλεια fest (vgl. Dem. 20).
82 Vgl. [Dem.] 59, 4 und Harpokration s. v. θεωρικά: ταῦτα δὲ πρότερον μὲν εἰς τὰς τοῦ
πολέμου χρείας ἐφυλάττετο καὶ ἐκαλεῖτο στρατιωτικά, ὕστερον δὲ κατετίθετο εἴς τε τὰς
δημοσίας κατασκευὰς καὶ διανομὰς τῶν πολιτῶν. Das deutet zudem Dem. 10, 37 aus dem Jahr
341 an: καὶ οὐδεὶς [ἐστι] τῶν τριηραρχεῖν δυναμένων οὐδὲ τῶν εἰσφέρειν ὅστις οὐκ ἠξίου τὰ
καθήκοντ’ ἐφ’ ἑαυτὸν ποιεῖν, ὅτι χρήματ’ οὐ περιῆν.
83 Auch Plut. Praec. ger. reip. 812F spricht von πίστις und δύναμις, über die Eubulos verfügte.
84 Philochoros FGrHist 328 F 33 (= Harpokration s. v. θεωρικά); vgl. auch Dem. 3, 11. Der
Sitzplatz im Theater kostete zwei Obolen (Dem. 18, 28); die Summe wurde wahrscheinlich für
mehrere Festtage pauschal ausgezahlt (vgl. Csapo – Wilson 2014, 305 mit Anm. 13).
294
Nicolai Futás
Einführung der Gelder könnte Eubulos gerade bei ärmeren Athenern einen gewissen
Rückhalt verschafft und ihm zur Wahl in das von ihm maßgeblich konzipierte Amt ἐπὶ
τὸ θεωρικόν verholfen haben.85 Die Personengruppe, die auf das θεωρικόν angewiesen war und es zumindest befürwortet haben dürfte, stellte schließlich die numerisch
größte in der Volksversammlung dar. Demades soll die Schaugelder sogar als Leim
der Demokratie bezeichnet haben (κόλλα τὰ θεωρικὰ τῆς δημοκρατίας).86 In der im
Corpus Demosthenicum überlieferten, wahrscheinlich authentischen und nur ungenau an das Ende der 350er-Jahre zu datierenden Rede Περὶ Συντάξεως erwägt der
Sprecher, die Verteilung der öffentlichen Gelder (zugunsten der θεωρικά) zu loben,
um den Dank jener zu erhalten, die auf Zahlungen durch den Staat angewiesen sind.87
Ein Scholion zur Ersten Olynthischen Rede des Demosthenes berichtet außerdem,
dass Eubulos, um das Wohlwollen (εὔνοια) des Demos, das er bereits genoss, zu steigern, ein Gesetz beantragt haben soll, wonach Anträge, die θεωρικά als στρατιωτικά
zu verwenden, mit dem Tode zu bestrafen seien.88 Die Glaubwürdigkeit dieser Notiz
ist umstritten und von den Skeptikern mit Verweis auf den Fall des Redners Apollodoros abgelehnt worden: Dieser hatte im Zuge der Olynth-Krise 349/348 beantragt,
die Haushaltsüberschüsse aus der Theorikon- in die Stratiotikonkasse umzuleiten,
weshalb er in einem Paranomieprozess für schuldig befunden wurde. Er wurde jedoch nicht hingerichtet, sondern musste ein Talent Strafe zahlen. Selbst der Ankläger
Stephanos forderte bei der Festlegung des Strafmaßes nicht den Tod, sondern eine
Zahlung von 15 Talenten.89 Hier lässt sich entgegnen, dass es ohnehin plausibler wäre,
wenn Eubulos erst in Reaktion auf diesen letztlich gescheiterten Versuch das Gesetz
beantragte. Frühere Angriffe auf die Theorikonkasse sind nicht bekannt. Zudem
klingt diese Chronologie auch im Scholion an, wo zunächst die – angebliche – Einführung der Schaugelder durch Perikles erwähnt wird, dann der gescheiterte Versuch
des Apollodoros und schließlich das Gesetz des Eubulos.90 Da bisher keine zwingenden Argumente gegen die Glaubwürdigkeit des Scholiasten vorgebracht worden sind,
85 Das ist eine klassische Deutung, gegen die wenig zu sprechen scheint: vgl. z. B. Beloch
1884, 178; Schaefer 1885, 199; Gehrke 1976, 29 f.; Hintzen-Bohlen 1997, 99; Csapo –
Wilson 2014, 395.
86 Plut. qu. Pl. 1011B.
87 Vgl. Dem. 13, 1.
88 Schol. Dem. 1, 1 (Dilts 1 f): ἰστέον δὲ ὅτι τὰ χρήματα ταῦτα τὰ δημόσια θεωρικὰ ἐποίησεν
ἐξ ἀρχῆς ὁ Περικλῆς δι’ αἰτίαν τοιαύτην […] εἶτα ἐπιχειρήσαντος Ἀπολλοδώρου τινὸς πάλιν ἀυτὰ
ποιῆσαι στρατιωτικά, βουλόμενος Εὔβουλος ὁ πολιτευόμενος δημαγωγὸς ὢν πλείονα εὔνοιαν
ἐπισπάσασθαι τοῦ δήμου πρὸς ἑαυτόν, ἔγραψε νόμον τὸν κελεύοντα θανάτῳ ζημιοῦσθαι εἴ τις
ἐπιχειροίη μεταποιεῖν τὰ θεωρικὰ στρατιωτικά.
89 [Dem.] 59, 3–8. Gegen die Glaubwürdigkeit haben sich ausgesprochen: Motzki 1903, 75;
Cawkwell 1963, 59 f.; Harris 2006, 122; 129 f.; Welwei 2011, 303. Für die Glaubwürdigkeit:
Schaefer 1885, 208; Develin 1989, 316; Hansen 1991, 264; Hintzen-Bohlen 1997, 97;
Rohde 2019, 291.
90 Vgl. Anm. 88. Es ist nicht einmal gesagt, dass Apollodoros mit seinem Antrag gegen dieses
Gesetz verstoßen hätte; vgl. die Argumentation von Hansen 1976, 235–246, insbesondere 244.
Eubulos jenseits von Isokrates und Xenophon
295
muss die Nachricht ernst genommen werden. Darüber hinaus geht aus einer Stelle in
der Gesandtschaftsrede des Demosthenes aus dem Jahr 343 hervor, dass Eubulos in
der Debatte um den von ihm unterstützten Philokratesfrieden 346 in der Volksversammlung darauf hingewiesen haben soll, man müsse die θεωρικά zugunsten der Finanzierung militärischer Operationen beschneiden, wenn man den Krieg mit Philipp
fortsetze (τὰ θεωρικὰ στρατιωτικὰ ποιεῖν).91 Eubulos führte die Schaugeldzahlungen
offenbar als Argument in der politischen Debatte an, um seine Position durchzusetzen.
Das Ansehen des Eubulos ist jedoch wahrscheinlich nicht allein auf die Beliebtheit der θεωρικά zurückzuführen. Trotz seiner ihm eigenen moralisierenden Negativtopik bezeichnet Theopompos Eubulos als sorgsam und fleißig (ἐπιμελής τε καὶ
φιλόπονος), als jemanden, der in der Lage war, eine beträchtliche Summe Geld zu
beschaffen (ἀργύριον τε συχνὸν πορίζων).92 355 war angesichts des finanziellen Ruins
der Stadt fiskalpolitischer Rat mit Sicherheit in besonderem Maß gefragt.93 Erwirkte
Eubulos die oben beschriebenen Kompetenzen für das Amt ἐπὶ τὸ θεωρικόν und besetzte dieses tatsächlich selbst, hatte er einen umfangreichen Einblick in die gesamten
Staatsfinanzen: Er berichtete dem Rat jede Prytanie über die Einkünfte, war bei allen
Auszahlungen öffentlicher Gelder zugegen, überwachte persönlich die Versteigerung
der öffentlichen Aufträge und damit eine der wichtigsten Einnahmequellen der Polis.
Er war sogar über die finanziellen Aktivitäten im Umfeld der Flotte informiert. Mit
anderen Worten: Er überblickte die gesamte Einnahmen- und Ausgabenstruktur der
Stadt. In diesem Sinne ist auch die Formulierung σχεδὸν τὴν ὅλην διοίκησιν εἶχον
τῆς πόλεως bei Aischines verständlich.94 Mit jedem Jahr, in dem Eubulos das Amt
innehatte, vertiefte er seinen Einblick. Er konnte einschätzen, wie viel Geld für regu91
Dem. 19, 291. Harris 2006, 122 hat diese Stelle als weiteres Argument gegen das Scholion zu Dem. 1, 1 angeführt: Um sein eigenes Argument nicht zu schwächen, habe Eubulos
nur realistische Möglichkeiten aufwerfen können, d. h. zum Zeitpunkt der Verhandlungen in
der Volksversammlung 346 habe ein solches Gesetz über eine Todesstrafe nicht existiert und
ein entsprechender Antrag wäre gesetzeskonform gewesen. Diese Überlegung überzeugt nicht,
da die Rede des Eubulos nur indirekt durch Demosthenes drei Jahre später wiedergegeben ist.
Eubulos hätte sein Argument sogar stärken können, indem er auf ein Gesetz hinwies, das einen
solchen Versuch unter Todesstrafe stellte. Demosthenes könnte in seiner eigenen Rede dieses
Detail durchaus bewusst ausgespart haben, da er im Kontext der Olynthfrage wie Apollodoros
selbst für eine Umverteilung zugunsten der στρατιωτικά plädiert hatte und es nicht klug gewesen
wäre, auf eigene Bemühungen zu verweisen, die zu einem späteren Zeitpunkt gesetzeswidrig
waren (vgl. Dem. 3, 10–11; 29–31).
92 Theopompos FGrHist 115 F 99; vgl. auch oben Anm. 75 und Plut. Praec. ger. reip. 812E–F.
93 Dem. 10, 37; vgl. auch Dem. 20, 24; 115.
94 Der Begriff διοίκησις ist an dieser Stelle nicht allgemein im Sinne der Verwaltung zu verstehen, sondern meint wie in [Dem.] 59, 4 den Haushalt bzw. das Budget, das für die Erfüllung
von Verwaltungsaufgaben bereitstand. Aristot. pol. 1321 b 31–33 spricht ebenfalls davon, dass
die ἀποδέκται die öffentlichen Gelder auf Basis des μερισμός an jede διοίκεσις weitergaben, d. h.
an den Haushalt des jeweiligen Amtes (μερίζονται πρὸς ἑκάστην διοίκησιν). Zum Bedeutungsspektrum des Wortes διοίκησις: Schuler 2005, 390; Rhodes 2007, 361.
296
Nicolai Futás
läre Posten (Feste, Opfer, politische Besoldung etc.) benötigt wurde, was für andere
Projekte übrigblieb, ob die Geldflüsse funktionierten und wo Nachbesserungsbedarf
bestand. D. Rohde hat in diesem Zusammenhang von Erfahrungswissen gesprochen,
das Eubulos sich aneignete und das er gewinnbringend in der politischen Debatte einsetzen konnte.95 Sie hat damit einen wichtigen Aspekt verdeutlicht: Der Einfluss des
Amtes ergab sich nicht unmittelbar aus einer formalen Amtsgewalt, sondern aus der
mit dem Amt verbundenen Möglichkeit, weitere fiskalpolitische Expertise zu erwerben. Eubulos selbst hatte wahrscheinlich über viele Jahre alle Bewegungen öffentlicher
Gelder im Blick, sodass er sich so gut wie kaum ein anderer auf dem Gebiet der Polisfinanzen ausgekannt haben dürfte. Die Kontrollbefugnisse des Kassenvorsteheramtes
sind daher vielleicht mit der Expertise des Eubulos gewachsen; je fähiger er erschien
und je positiver die fiskalische Lage sich entwickelte, desto mehr Bereiche vertraute
man ihm zur Überprüfung an. Auch das könnte sich hinter Aisch. 3, 25 verbergen.
Da der μερισμός das zentrale Finanzinstrument der Stadt war, ist es wahrscheinlich,
dass Eubulos nicht nur über die Finanzen Bericht erstattete, sondern seine dabei erworbene Expertise, die ihm eine präzise Planung erlaubte, in den politischen Entscheidungsgremien zur Geltung brachte, um bei der Entscheidung über die Verteilung der
Gelder selbst mitzuwirken. Das impliziert auch Theopompos’ Bemerkung ἀργύριον
τε συχνὸν πορίζων. Es gibt zwar keine direkten Hinweise darauf, dass der bzw. die ἐπὶ
τὸ θεωρικόν jenseits der Kontrolle der ἀποδέκται in einer institutionell festgelegten
Form am μερισμός beteiligt waren – anders als später der ἐπὶ τῆι διοικήσει.96 Doch
könnte Eubulos seine finanzpolitische Autorität durchaus zu einem informellen Einfluss auf die Festlegung des Zuteilungsschlüssels vor den Nomotheten genutzt haben –
oder, um in der Volksversammlung konkrete finanzpolitische Maßnahmen und andere Projekte, die ein großes Finanzvolumen benötigten, zu bewerben.
Außerdem brachte Eubulos vor Gericht seine Sachkenntnis ein. Es ist bekannt, dass
er viel prozessierte, was ihm auch von Demosthenes vorgeworfen worden ist.97 In zwei
95 Vgl. Rohde 2019, insbesondere 266–268; 271–273, der Ausdruck auf 272. Ähnlich bereits
Leppin 1995, 559 f.
96 Vgl. I.Eleusis 87, 7–15 mit Lewis 1997, 227–229.
97 Dem. 21, 207. Gegen Smikythos und Tharrex aus unbekannten Gründen zu einem unbekannten Zeitpunkt (Dem. 19, 191). Möglicherweise handelt es sich bei Tharrex um Tharrex
von Lamptrai, der 354/353 Mitglied des Rates war (IG II2 137, 4); der Name ist nur dieses eine
weitere Mal in Athen belegt. Dies gilt ebenso für Chares (Aristot. Rh. 1, 15, 15) und Aristophon
(Schol. Dem. 21, 218 [Dilts 716]). Zudem ging er gerichtlich gegen Kephisophon (von Paiania?)
und Moirokles (von Eleusis?) vor (Dem. 19, 293; vgl. dazu die folgenden Ausführungen und
Anmerkungen). Als συνήγορος sprach Eubulos für Aischines im Gesandtschaftsprozess 343
(Aisch. 2, 184); so auch – allerdings erst bei der Debatte über das Strafmaß und nach anfänglichem Zögern – für seinen Cousin Hegesileos und Thrasybulos; auch hier bleiben Zeitpunkt
und Gegenstand des Prozesses reine Spekulation (Dem. 19, 290; MacDowell 2000, 325 vermutet in seinem Kommentar zum Gesandtschaftsprozess zumindest einen Zeitpunkt in den
340er-Jahren). Als Zeuge sagte er für Apollodoros bzw. Theomnestes im Prozess gegen Neaira
zwischen 343 und 340 aus ([Dem.] 59, 48).
Eubulos jenseits von Isokrates und Xenophon
297
Fällen sind wir knapp über den Gegenstand des Verfahrens informiert. Zu einem
unbekannten Zeitpunkt verklagte er Moirokles, wahrscheinlich den Sohn des Euthydemos aus dem Demos Eleusis, weil dieser möglicherweise als einer der zehn πωληταί
bei der Versteigerung der Minenkonzessionen – sich selbst bereichernd oder andere
auf Kosten der Polis bevorteilend – zwanzig Drachmen pro Käufer (zu viel oder zu
wenig?) erhoben hatte.98 Bedenkt man, dass der ἐπὶ τὸ θεωρικόν in die Amtsgeschäfte
der πωληταί involviert war, ist eine direkte Verbindung zwischen dem im Amt erworbenen Wissen und dem Prozess naheliegend. Im zweiten Fall klagte Eubulos Kephisophon an, wahrscheinlich den Sohn des Kallibios aus dem Demos Paiania, weil
dieser sakrale Gelder (ἱερὰ χρήματα) in Höhe von sieben Minen, die er vielleicht als
Schatzmeister verwaltete, drei Tage zu spät in eine Bank eingezahlt hatte.99 Hier, wie
auch im Prozess gegen Moirokles, deutet sich an, dass Eubulos die Geldflüsse genau
im Blick hatte und gegen ineffiziente Strukturen und Missbrauch vorging; eine Akribie, die auch in der oben zitierten Aussage des Theopompos durchscheint. Eubulos
demonstrierte damit Integrität und erwarb sich dadurch Glaubwürdigkeit (πίστις).
Es lässt sich festhalten: Eubulos führte sehr wahrscheinlich die regelmäßigen Schaugelder ein und installierte die dazugehörige Kasse und das Vorsteheramt. Ihm gelang
es, diesem Amt, das er selbst über einen längeren Zeitraum bekleidet oder über Vertraute kontrolliert haben muss, umfangreiche Kontrollbefugnisse zu verschaffen. Eine
darüber hinaus reichende Amtsmacht gab es jedoch nur insoweit, als der Amtsträger
Wissen erwarb, das ihm an anderer Stelle von Nutzen sein konnte. Die entscheidende
Bühne blieben die Gerichte, die Volksversammlung, der Rat und das Nomothetenkollegium mit dem Demos als ultimativer Entscheidungsinstanz. Um steuern zu können,
musste Eubulos dort überzeugen. Hierbei dürfte er sich auf seine Einsicht in die Staatsfinanzen als ἐπὶ τὸ θεωρικόν und die Beliebtheit der Schaugelder, die eng mit seinem
Namen verbunden waren, gestützt haben. Beide Faktoren bildeten wahrscheinlich das
Fundament seines politischen Einflusses, von Aischines und später Plutarch durch
den Begriff πίστις zum Ausdruck gebracht.100 Sicher nutzte Eubulos auch persönliche Netzwerke; mit Ausnahme der politischen Freundschaft zu Aischines lassen sich
jedoch keine fundierten Aussagen darüber treffen.101 Ebenso dürfte er über gewisse
rhetorische Fähigkeiten verfügt haben. Doch vor allem scheint er durch seine Sorgfalt
98 Die Formulierung ist vage, Dem. 19, 293: τί γὰρ δήποτε Μοιροκλέα μὲν ἔκρινες, εἰ παρὰ
τῶν τὰ μέταλλ’ ἐωνημένων εἴκοσιν ἐξέλεξεν δραχμὰς παρ’ ἑκάστου; vgl. auch MacDowell
2000, 333. Zu Moirokles: PA 10400; PAA 658490 = 658480; Humphreys 2018, 1121–1124.
99 Dem. 19, 293. Der Kephisophon aus dem Gesandtschaftsprozess und der Kephisophon aus
dem Kranzprozess sind sehr wahrscheinlich mit dem Sohn des Kallibios aus dem Demos Paiania
zu identifizieren: Wankel 1976, 226; MacDowell 2000, 334. Zu Kephisophon (Paiania): APF
8417; PAA 569315; Humphreys 2018, 902.
100 Den Wert, aber auch die Grenzen des Vertrauens als machtpolitische Ressource hat vor
allem Timmer 2016, 33–53 herausgearbeitet.
101 Anm. 32.
298
Nicolai Futás
und Akribie nicht nur im Amt, sondern auch vor Gericht großes Ansehen erworben
zu haben. Eubulos war insofern nicht allein aufgrund des Kassenvorsteheramtes einflussreich, sondern die Bedeutung des Amtes ergab sich erst aus Eubulos’ Einfluss,
wie ja Aischines auch explizit betont. Es ist wohl kein Zufall, dass kein anderer ἐπὶ τὸ
θεωρικόν in den Quellen so eng mit der Auszahlung der Schaugelder verbunden oder
als so einflussreich wahrgenommen worden ist wie Eubulos. Die Athener vertrauten
auf seinen Rat und der Erfolg gab ihnen Recht, schließlich wuchsen die Einkünfte bis
zum Ende der 340er im Vergleich zu 355 auf mehr als die dreifache Höhe an;102 alle,
wie Demosthenes 341 feststellte, auch die wohlhabenden Bürger (οἱ εὔποροι), profitierten von dieser Entwicklung. Die Initiativen des Eubulos hatten nach Theopompos
und Plutarch einen entscheidenden Anteil daran.103
IV Fiskal- und wirtschaftspolitische Aktivitäten
Wie könnte Eubulos zu einer Steigerung der πόροι beigetragen haben? Ein wichtiger
Aspekt ist bereits angeklungen. Über die Kontrollbefugnisse des Vorsteheramtes der
Theorikonkasse konnte er auf eine effizientere Verteilung der Geldmittel hinwirken,
Unregelmäßigkeiten entdecken und gerichtlich gegen Unterschlagungen von Geldern
oder für die Polis unvorteilhafte Amtsgeschäfte vorgehen, wie das in den beiden eben
besprochenen Fällen nahegelegt wurde. Besonders interessant ist der Prozess gegen
Moirokles, der sich wahrscheinlich bei der Versteigerung der Bergwerkskonzessionen
im Laureion bereichert oder auf Kosten der Stadt Pachtverträge mit allzu günstigen
Konditionen vergeben hatte.104 Neben einer möglicherweise präventiven Wirkung
gegen Amtsmissbrauch erwuchsen der Stadt durch solche Prozesse im Fall einer
Verurteilung direkte fiskalische Vorteile durch Strafgelder und im Extremfall Vermögenskonfiskationen. Gerade im Bergbausektor konnte es sich hierbei um große Erlöse
handeln, wie einzelne Nachrichten über entsprechende Verfahren zeigen.105 Darüber
hinaus ist zu überlegen, ob ein juristisches Vorgehen wie gegen Moirokles einen indirekten Effekt auf die Aktivitäten im Laureion entfaltete. In den Aufzeichnungen
der πωληταί ist zwischen 367/366 und 342/341 eine erhebliche Ausweitung der Minenpachtverträge und damit eine Intensivierung des Silberbergbaus zu erkennen.106
Die Stadt profitierte hiervon durch den Pachtzins und – vielleicht – die Erhebung
102 Dem. 10, 37–38 bezeugt eine Steigerung der öffentlichen Einkünfte von 130 Talenten
im Jahr 355 auf etwa 400 am Ende der 340er-Jahre; vgl. auch Theopompos FGrHist 115 F 166.
103 Dem. 10, 38; Theopompos FGrHist 115 F 99; Plut. Praec. ger. reip. 812E–F.
104 Dem. 19, 293.
105 Vgl. z. B. Hyp. 4, 32–37; [Plut.] X orat. 843D.
106 Die Poletenlisten, die die Verpachtungen der Minen erfassen, nennen die Pächter sowie
die Namen, die Lokalisierung und die Pachtzinsen der Minen (Agora XIX P5–P16; P18–P30;
P32–P41; P43–P44; P50–P51, wobei die erste Liste P5 in das Jahr 367/366, die letzte P51 um
300 datiert). Zur Ausbeutung der Minen im 4. Jh.: Faraguna 1992, 289–322; Lohmann 1995,
524–526; Shipton 2016, 253–260.
Eubulos jenseits von Isokrates und Xenophon
299
von Steuern auf das gewonnene Silber.107 Die Listen der πωληταί deuten an, dass so
zwischen 367/366 und 342/341 eine Steigerung der jährlichen Pachteinnahmen (ohne
Steuern) von ca. 20 auf ca. 160 Talente erreicht werden konnte.108 Zwar gibt es keine
Hinweise darauf, dass Eubulos direkt auf die Expansion im Laureion drängte, doch
war er, wie oben ausgeführt, qua Amt an den Aktivitäten der πωληταί beteiligt und in
diesem Zusammenhang gerichtlich aktiv. Man kann daher auch ohne Bezugnahme
auf Xenophons Schriften in Betracht ziehen, dass Eubulos mit einer rigorosen Linie das Vertrauen potentieller Investoren in die Minenpacht stärkte und dadurch zur
positiven Entwicklung um die Jahrhundertmitte beitrug.109
Die erwähnte Schuldenliste der 340er-Jahre aus dem Piräus könnte ebenfalls auf
eine Initiative des Eubulos in seiner Kapazität als ἐπὶ τὸ θεωρικόν mit den Kompetenzen der ἐπιμεληταὶ τῶν νεωρίων oder einer entsprechenden Kontrollbefugnis zurückzuführen sein.110 Der einzige ersichtliche Grund, warum ein solches Monument
errichtet wurde, liegt im Versuch, sozialen Druck auf die Schuldner – wahrscheinlich
auch zukünftige – auszuüben, ihren Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Polis
nachzukommen. Diese hatten Schiffsausrüstung nicht oder nur beschädigt zurückgegeben; die in der Inschrift erwähnten Schulden gingen teilweise schon mehr als eine
Generation zurück.111 Offenbar versuchte man nun, dieses Versäumnis nachzuholen
und sowohl die Finanzierung der Flotte als auch die Ausstattungssituation der Schiffe
effektiv zu verbessern. Letzteres wäre auch deshalb interessant, weil Eubulos in den
Quellen mit der Aufrüstung der Flotte verknüpft wird.112
Bemerkenswert ist auch der kurz nach der Jahrhundertmitte begonnene Bau des
Dionysostheaters, denn durch die Neubewertung einer stark fragmentarischen Inschrift durch E. Csapo und P. Wilson können wir Eubulos in eine enge Beziehung
zu dem Projekt setzen und weitere Aufschlüsse über seine finanzpolitischen Aktivi-
107 Zur ungeklärten Frage einer 1/24-Abgabe auf die Erträge aus den Minen, die in der Suda
s. v. ἀγράφου μετάλλου δίκη erwähnt wird, sowie zu der in Agora XIX P26, 474–475 genannten
πεντεδραχμία: Rhodes – Osborne, GHI, 180 f.; Fawcett 2016, 164 f.
108 Die Steigerung von ca. 20 auf ca. 160 Talente basiert auf den in P5 und P26 (342/341)
genannten Summen sowie der Annahme, dass die Pachtzinsen pro Prytanie geleistet wurden,
d. h. zehnmal im Jahr. Da jedoch die Frequenz in den Listen nicht genannt wird, sind auch jährliche Zahlungen oder eine einmalige Pauschale für die gesamte – ebenfalls nicht in den Listen
dokumentierte – Pachtdauer (von drei und mehr Jahren; siehe [Aristot.] Ath. pol. 47, 2) denkbar;
Zahlungen pro Prytanie sind meines Erachtens am wahrscheinlichsten (vgl. die Diskussion der
Möglichkeiten bei Crosby 1950, 202–204; Hopper 1953, 237–239; Langdon 1991, 60; Shipton 1998, 57–63; Rhodes – Osborne, GHI, 181).
109 Solche Überlegungen sind bereits im zeitgenössischen Denken zu finden; vgl. etwa die
Ausgangsbasis für die Argumentation von Hyp. 4, 32–37 mit Bernhardt 2012, 279–281,
Anm. 70.
110 IG II2 1622; vgl. die Ausführungen oben mit Aisch. 3, 25.
111 Zu diesem Phänomen auch Anm. 81; ausführlich zu diesem Aspekt der Inschrift Simonsen 2008, 68–78.
112 Abschnitt V.
Nicolai Futás
300
täten gewinnen.113 Bei der Inschrift handelt es sich um ein Verzeichnis von Verpachtungen sakraler Liegenschaften der Athena Polias und anderer Gottheiten.114 Das hier
relevante Fragment C, das nur ungenau zwischen ca. 345 und 320 datiert werden
kann, betrifft das Eigentum des Zeus Olympios.115 Hierbei wird unter anderem festgehalten:
25
[ . . . . . . . . . . . ]: ἐγγ: Ἱππεὺς Κηφισοδ[ώρου Κυδα: τέμ]ενος Διὸς Ὀλυμπίου π[ . . . . . . . . . . . . . . . σ]κηνὴ ἧι Εὔβουλο[ς . . . . . . . . . . παραστ]άδιον? τοῦ θεατ[ροῦ . . .116
Csapo und Wilson haben überzeugend dargelegt, dass die hier als Orientierungspunkt zur Grundstücksidentifikation dienende Skene auf das Dionysostheater zu
beziehen ist.117 Da Eubulos als einzige Person in allen sechs Fragmenten der Pachturkunden ohne Demotikon und Patronymikon genannt wird, handelt es sich wohl um
den bekannten Sohn des Spintharos.118 Aus der Struktur des Satzes ergibt sich, dass
Eubulos etwas mit oder an der Skene getan haben muss. Aller Wahrscheinlichkeit
nach fügte er ihr etwas hinzu; auf den Dativ ἧι gestützt denken Csapo und Wilson
an ein Prädikat wie ἐπέδωκεν ‹er gab hinzu› bzw. ‹er steuerte bei›, παρέθηκε ‹er platzierte entlang› oder παρέσχεν ‹er stellte bereit›.119 Das entsprechende Objekt, das zu
113
Williams 2011 = Agora XIX L6 = Walbank 1983; dazu Csapo – Wilson 2014, 399–
403. Zur Datierung des Theaterbaus grundlegend: Papastamati-von Moock 2014.
114 Die sechs auf der Agora gefundenen Fragmente aus hymettischem Marmor sind zunächst
von Walbank 1983 als einseitig beschriebene Stele mit einer Inschrift in drei Kolumnen rekonstruiert worden; Williams 2011 hat hiergegen Argumente vorgebracht und die Fragmente vier
separaten Stelen zugeordnet. Das interessierende Fragment C gehört dieser Rekonstruktion nach
zusammen mit Fragment D zu einer eigenen Stele (= Stele 3; vgl. Williams 2011, 276–278). Das
Formular ist standardisiert: Zunächst wird der göttliche Eigentümer genannt, gefolgt von einer
sehr knappen topographischen Beschreibung, die das Pachtgrundstück identifiziert; schließlich
endet der Eintrag mit dem Namen des Pächters, der jährlichen Pacht und dem Namen des Bürgen (bzw. zweier Bürgen, wenn die jährliche Pacht 600 Drachmen übersteigt). Alle Personen –
mit Ausnahme des Eubulos – sind mit Patronymikon und Demotikon identifiziert. Die Ordnung
der Einträge scheint vage topographisch sortiert zu sein.
115 Fragment A ist exakt zu datieren, in Zeile 2 wird dort der eponyme Archon Pythodotos
(343/342) genannt; nach der Rekonstruktion von Williams gehört Fragment A zur Stele 1,
Fragment C aber zur Stele 3. Tracy 1995, 77 f.; 87; 94 f. weist Fragment C dem ‹Cutter of IG II2
334› zu, der von ca. 345 bis ca. 320 aktiv war.
116 Williams 2011, Stele 3, col. III (= Fr. C) 25–29.
117 Vgl. Csapo – Wilson 2014, 400 f.
118 Bereits Walbank 1983, 123 f. hat das angesprochene Theater als das des Dionysos am
Südhang der Akropolis identifiziert und in Eubulos den Sohn des Spintharos gesehen; vgl. auch
dessen Argumente hinsichtlich der Identifikation des Theaters.
119 Csapo – Wilson 2014, 401.
Eubulos jenseits von Isokrates und Xenophon
301
παραστάδιον ergänzt wurde, gehörte zum Theater (τοῦ θεατ[ροῦ]); der unspezifische Begriff lässt allerdings keine näheren Schlüsse über die entsprechende Struktur
zu.120 Entscheidend ist, dass Eubulos’ Name eng mit der architektonischen Gestalt
des Theaters verbunden und folglich sein besonderes Engagement bei dessen Bau zu
vermuten ist. In Verbindung mit der Bemerkung bei Harpokration, dass die θεωρικά
auch für öffentliche Bauten verwendet wurden, könnte dies auf eine Finanzierung des
Theaters aus der Theorikonkasse hindeuten.121 Das gigantische Projekt muss wie eine
Konjunkturmaßnahme gewirkt haben. Allein für die Sitzreihen im Dionysostheater
mussten schätzungsweise 6800 Tonnen Kalksteinquader abgebaut, transportiert und
bearbeitet werden; für die Rückhaltemauern mehr als 10 000.122 Aufträge wurden vergeben, Handwerker beschäftigt und bezahlt und von den Löhnen Waren gekauft. Das
ist keine moderne Perspektive; bereits Plutarch lässt Perikles die Bauten auf der Akropolis vor einem derartigen Hintergrund erwägen.123 Vielleicht wurden solche Gedanken auch im 4. Jh. bei der politischen Entscheidungsfindung in Betracht gezogen,
und Eubulos drängte auf die Umsetzung. Hier wäre der fiskalische Effekt allerdings
indirekter Natur. Dennoch ist dieser Aspekt nicht zu unterschätzen. Vor dem gleichen
Hintergrund lassen sich die anderen großen Bauprojekte, die mit Eubulos in Verbindung stehen, deuten, so vor allem die Skeuothek und die Schiffshäuser, aber auch die
Sanierung des Straßennetzes und der Wasserversorgung.124
Ebenso denkbar ist, dass die Pachturkunde eine persönliche Schenkung des Eubulos im Zusammenhang mit dem Bau des Theaters bezeugt; dann wäre das Projekt
zumindest teilweise durch private Spenden finanziert worden, möglicherweise mit
Eubulos als führendem Beispiel.125 Eine solche Verfahrensweise ist für den ‹lykurgischen› Bau des Panathenäenstadions gut belegt.126
120
Vielleicht eine Kolonnade um das Proskenion oder bauliche Elemente an den Parodoi;
vgl. die Überlegungen von Papastamati-von Moock 2014, 34; 71 mit fig. 1, 42 und Csapo –
Wilson 2014, 402 f. Walbank hat -άδιον zu παραστάδιον ergänzt, so auch Williams. Allerdings ist das Delta wohl ein Lambda (bestätigt durch Autopsie von Julia Shear und Robert
Pitt, so Csapo – Wilson 2014, 402). Da jedoch mögliche Alternativen mit -ΑΛΙΟΝ in diesem
Kontext unsinnig sind, ist ein Fehler des Steinmetzes wahrscheinlich und eine Konjektur im
Sinne Walbanks die beste Option (vgl. Csapo – Wilson 2014, 402 f., wo die Alternativen
besprochen sind).
121 Harpokration s. v. θεωρικά; dies geht auch aus Dem. 3, 28–31 hervor.
122 Papastamati-von Moock 2014, 34 mit Anm. 79.
123 Vgl. Plut. Per. 12, 5–7.
124 Durch die Kopplung von Aisch. 3, 25, wonach die ἐπὶ τὸ θεωρικόν als ὁδοποιοί fungierten, und Demosthenes’ Vorwurf in der Dritten Olynthischen Rede, dieselben Politiker, die auch
für die Schaugeldzahlungen verantwortlich seien, darunter wohl Eubulos, hätten für Bauarbeiten
an Straßen und Brunnen öffentliche Gelder verschwendet (Dem. 3, 10–11; 28–31), wird eine Finanzierung dieser Arbeiten aus der Theorikonkasse nahegelegt.
125 So vermutet von Csapo – Wilson 2014, 403; ähnlich schon Walbank 1983, 123 f.
126 Der wohl mehrfache Liturgist Deinias soll beispielsweise ein Grundstück für die Großbaustelle, auf der das Panathenäenstadion entstehen sollte, geschenkt haben – und zwar aus
persönlicher Dankbarkeit gegenüber Lykurg ([Plut.] X orat. 841D; zu Deinias: Mikalson 1998,
302
Nicolai Futás
An dieser Stelle lässt sich eine interessante Linie zu Eubulos’ Aktivitäten in seiner
Zeit als Archon der Tetrapolis ziehen. Sein Name taucht in dieser Funktion in deren
Opferkalender auf, der auf einem beidseitig, von derselben Hand beschriebenen Stein,
wohl einer Stele, aus dem zweiten Viertel des 4. Jhs. festgehalten ist.127 Seite A dokumentiert den eigentlichen Opferkalender in zwei fragmentarisch erhaltenen Kolumnen. Seite B enthält dagegen eine Namensliste, in der für jede Person – es handelt sich
ausschließlich um Demengenossen der Tetrapolis – Geldsummen genannt werden;
offenbar hält Seite B die Finanzierung der auf Seite A festgelegten Opfer fest.128 Insgesamt werden 2500–3000 Drachmen zur Finanzierung der Opfer veranschlagt; Seite
B hingegen belegt Zahlungen in Höhe von insgesamt 8000 bis 40 000 Drachmen.129
Diese Differenz erklärt Lambert, der sich eingehend mit dem Kalender beschäftigt
und die Inschrift einer Neuinterpretation unterzogen hat, plausibel damit, dass es sich
nicht um direkte Spenden für die Opfer handelte, sondern um einen Kapitalbetrag,
der später investiert werden sollte, um über die hierbei erzielte Rendite die Finanzierung der gemeinsamen Opfer nachhaltig abzusichern.130 Die Summe habe man
entweder direkt verleihen (Zinsertrag) oder zum Erwerb und zur anschließenden
Verpachtung von Land nutzen können (Pachtzins).
Lambert vermutet, dass sich hinter den Regelungen auf den beiden Seiten des
Inschriftensteins eine Reform verbergen könnte, die Eubulos als Archon der Tetrapolis
zur Verbesserung des bestehenden Finanzierungssystems veranlasste.131 Prinzipiell
war es in Athen üblich, gemeinschaftliche Opfer nicht über die Beiträge einzelner
Personen, sondern öffentlich zu finanzieren, eben zumeist durch Einnahmen aus
Landverpachtungen.132 Eubulos könnte in der Tetrapolis diesen unpersönlichen, kollektivistischen Finanzierungsmodus mit einer Fruchtbarmachung privater Vermögenswerte kombiniert haben, indem er bei den Bürgern der Tetrapolis Mittel einwarb
und diese anschließend gewinnbringend für die Gemeinschaft investierte, so wie es
32 f. mit APF 3163). Letzterer beantragte zudem im Jahr 330/329 in der Volksversammlung ein
Ehrendekret für den Metöken Eudemos von Plataiai (IG II3 1, 352). Eudemos hatte für den Bau
des Panathenäenstadions 1000 Ochsengespanne zur Verfügung gestellt und war nun dafür mit
einem Kranz und als εὐεργέτης des athenischen Demos unter anderem mit dem Recht, Haus
und Grund zu erwerben (ἔγκτησις), geehrt worden.
127 SEG 50, 168, A, col. 2, 39–40 (= IG II2 1358). Vgl. die Ausführungen in Abschnitt I, S. 282.
Zum Kalender ausführlich Lambert 2000, 43–70; Lambert 2018a, 149–180.
128 Lambert 2018a, 151; 157.
129 Der Wert ergibt sich aus den 100 Zeilen mit je vier Zahlern und Beiträgen zwischen 20
und 100 Drachmen (zu den Schätzungen Lambert 2000, 66 f.).
130 Lambert 2018a, 165 f.
131 Ebd., 166.
132 Vgl. z. B. [Xen.] Ath. pol. 2, 9; Plat. leg. 738d–e; Isokr. 7, 29; Aristot. Pol. 1267b 30–35;
Harpokration s. v. ἀπὸ μισθωμάτων; IG II3 1, 447; I.Eleusis 85; zu diesem Aspekt ausführlich mit
weiterer Evidenz Papazarkadas 2011, 75–92.
Eubulos jenseits von Isokrates und Xenophon
303
später für Lykurg belegt ist.133 Es handelte sich mit geschätzt 400 Spendern um etwa
ein Drittel aller Bürger der Tetrapolis.134 Die hohe Anzahl der Beteiligten erinnert
der Form nach an eine ἐπίδοσις, also eine zweckgebundene Spendenaktion, zu der
Bürger und Metöken öffentlich aufgerufen wurden.135 Normalerweise initiierte die
Volksversammlung ἐπιδόσεις, und erst ab der zweiten Hälfte des 4. Jhs. scheinen diese
Zahlungen in höherer Frequenz veranlasst worden zu sein.136 Die Maßnahme in der
Tetrapolis könnte also ein frühes und außerdem innovatives Beispiel auf einer untergeordneten Entscheidungsebene darstellen, da die sonst für das 4. Jh. belegten ἐπιδόσεις
in der Regel zu militärischen Zwecken beschlossen wurden.137
Einerseits lassen sich also durchaus, wenn auch nur sporadisch, konkrete Methoden
herausarbeiten, mit denen Eubulos zur fiskalischen Gesundung Athens beigetragen
haben könnte. Andererseits bleiben die verfügbaren Zeugnisse zu vage, um die präzise Rolle des Eubulos bei den einzelnen Maßnahmen oder deren fiskalische Effekte
sicher zu bestimmen. Eine kohärente Finanz- und Wirtschaftspolitik, wie sie aus der
konstruierten Verbindung zu den Πόροι hervorgeht, wird durch den Quellenbefund
jedenfalls nicht bestätigt. Eubulos kann weder mit einer Förderung des Handels noch
mit einer systematischen Intensivierung des Bergbaus verknüpft werden, auch wenn
bei Letzterem zumindest Indizien für ein persönliches Engagement vorliegen. Beides
ist jedoch ein Kernanliegen Xenophons in den Πόροι, und in beiden Sektoren scheinen unabhängig von Eubulos tatsächlich Reformen veranlasst worden zu sein.138 Am
ehesten werden dessen Bemühungen im Zuge einer effizienteren Verwaltung öffentlicher Gelder sichtbar, einem Bereich, der bei Xenophon jedoch höchstens indirekt
eine Rolle spielt. Eubulos’ innenpolitisches Wirken sollte zudem nicht auf einen finanzpolitischen Aspekt reduziert werden. Die Aktivitäten rund um das Dionysostheater, die Schaugelder und den Opferkalender der Tetrapolis zeigen deutlich, dass Eubulos um die Pflege der Kulte und Feste bemüht war. Die θεωρικά mögen auch aus
einer fiskal-, macht-, vielleicht sogar sozialpolitischen Perspektive zu verstehen sein,
hatten aber zunächst den Zweck, der Bürgerschaft die Teilhabe an den Städtischen
Dionysien zu ermöglichen. Der bei Harpokration zitierte Philinos stellt klar, dass
Eubulos durch die Zahlung der Schaugelder allen Mitbürgern unabhängig von ih133
Vgl. [Plut.] X orat. 841D; 852B mit Faraguna 1992, 381 f.; Ismard 2010, 176 f.; Meier
2012, 37 f.
134 Dazu Lambert 2018a, 168.
135 Grundlegend zu diesem Finanzierungsmodus: Migeotte 1992; vgl. auch ders. 2014, 529–
531.
136 Vgl. bis zum Ende des 4. Jhs. Migeotte 1992, Nr. 1–13.
137 Eine ἐπίδοσις zur Finanzierung eines öffentlichen Opfers ist auf städtischer Ebene für das
4. Jh. möglicherweise bei Plut. Phok. 9, 1–2 (= Migeotte 1992, Nr. 3) überliefert. Allerdings
geschah dies tendenziell zu einem späteren Zeitpunkt als in der Tetrapolis, da Phokion (ca. 402–
318) bereits in vorangeschrittenem Alter gewesen zu sein scheint.
138 Vgl. dazu ausführlich die Literatur aus Anm. 5.
304
Nicolai Futás
rem jeweiligen sozioökonomischen Status eine Teilhabe am Schauspiel, am Opfer, am
ganzen Fest, also an allen religiösen Aktivitäten, nicht nur am Theaterbesuch selbst,
sichern wollte.139 Sollte Eubulos als Archon der Tetrapolis tatsächlich an einer Reform
beteiligt gewesen sein, die die Finanzierung der gemeinsamen Opfer durch eine kollektive Investition nachhaltig absicherte, könnte man ähnliche Motive, vielleicht sogar
einen roten Faden im politischen Wirken, ein Bemühen um die religiöse Festigung
der Polisgemeinschaft, erkennen. Auch die oben erwähnte Klage gegen Kephisophon,
der nach Ansicht des Eubulos bei der Verwaltung sakraler Gelder nachlässig war, deutet in diese Richtung. Die Einführung der Schaugelder war jedenfalls ein Schritt von
großer politischer Symbolik, da sie den Besuch der Städtischen Dionysien auf eine
Ebene mit der staatlich subventionierten Partizipation an der Volksversammlung, den
Gerichten und den Ratsversammlungen stellte. Der Theaterbesuch wurde dadurch
noch stärker zum Ausdruck der demokratischen Bürgergemeinschaft, und der monumentale Neubau des Theaters unterstrich dies. Die enge Verbindung von fiskal- und
wirtschaftspolitischen Bemühungen einerseits und der Sorge um Kulte, Feste und das
Theater andererseits könnte ein bislang unterschätzter Aspekt im politischen Wirken
des Eubulos sein.
V Außenpolitik
In der Forschung herrscht die Auffassung vor, Eubulos habe eine «gemäßigt-defensive
Außenpolitik», eine Politik der «Nichtintervention», ein «außenpolitisches Minimalkonzept» verfolgt.140 Rechnet man hypothetische Analogien zu den Friedensvorstellungen bei Isokrates und Xenophon heraus, beruht diese Sichtweise im Wesentlichen
auf zwei Indizien. Da ist zunächst der Umstand, dass Eubulos sowohl den Frieden mit
den Bundesgenossen 355 als auch den Philokratesfrieden 346 befürwortet zu haben
scheint. In einem Scholion zur Dritten Olynthischen Rede des Demosthenes heißt es:
139 Harpokration s. v. θεωρικά: Φιλῖνος δὲ ἐν τῇ [περὶ] Πρὸς Σοφοκλέους καὶ Εὐριπίδου
εἰκόνας περὶ Εὐβούλου λέγων φησὶν· ἐκλήθη δὲ θεωρικὸν, ὅτι τῶν Διονυσίων ὑπογύων ὄντων
διένειμεν εἰς τὴν θυσίαν, ἵνα πάντες ἑορτάζωσι καὶ τῆς θεωρίας μηδεὶς τῶν πολιτῶν ἀπολείπηται
δι’ ἀσθένειαν τῶν ἰδίων; vgl. oben Anm. 74.
140 Vgl. auch die Forschungspositionen in Anm. 6. Zitate: Zunächst Rohde 2019, 269 (ähnliche Formulierungen auch bei Burke 2002, 175; Funke 2007, 115 f.); dann Gehrke 1976, 27
(vgl. auch Engels 1993, 60 f.); schließlich Hintzen-Bohlen 1997, 9. Die Friedensvorstellungen in Xenophons Πόροι und Isokrates’ Rede über den Frieden sind seit dem 19. Jh. mit den
politischen Aktivitäten des Eubulos verbunden worden; beide Autoren versprachen sich von
einem Frieden höhere öffentliche Einkünfte (Xen. Por. 5, 12; Isokr. 8, 16; 20–21); da die Quellen Eubulos mit einer Steigerung der Einkünfte in Verbindung bringen (vgl. Anm. 14), ist für
ihn vice versa die gleiche Sichtweise angenommen worden (vgl. Anm. 8). Im Fall Xenophons
kommt noch die inzwischen dekonstruierte (vgl. Anm. 12) Verkettung mit der vermeintlichen
‹Wirtschaftspolitik› des Eubulos hinzu (vgl. Anm. 13). Wie bereits betont, können die Πόροι
aber nicht einfach als Interpretationsschablone für Eubulos genutzt werden; für Verbindungen
zu Isokrates gibt es nicht einmal die geringsten Anhaltspunkte.
Eubulos jenseits von Isokrates und Xenophon
305
«Im Bundesgenossenkrieg fielen die Chier, Rhodier, Byzantier und manch andere von ihnen
[den Athenern] ab. Als sie folglich Krieg gegen diese führten, gewannen sie zwar die einen
zurück, bei anderen vermochten sie es aber nicht. Dann schlossen sie Frieden unter der Bedingung, dass sie die Autonomie aller Verbündeten zuließen. Er [Demosthenes] sagt also, dass wir
diese, die wir im Krieg hinzugewonnen hatten, durch den Frieden verloren haben. Und Eubulos
war dafür verantwortlich, dass ein derartiger Frieden zustande kam, weil er die Staatsangelegenheiten auf eine solche Weise verwaltete.»141
Die Formulierung τοῦ δὲ τοιαύτην γενέσθαι τὴν εἰρήνην αἴτιος Εὔβουλος οὕτω
διοικῶν τὰ πράγματα wäre merkwürdig, wenn der Scholiast lediglich darauf verweisen wollte, dass Eubulos den Friedensschluss in der Volksversammlung beantragte.
Andererseits deutet die Wortwahl an, dass die Politik, für die Eubulos stand, das Zustandekommen des Friedens verursachte. Prägte Eubulos dann bereits vor 355 die
athenische Politik maßgeblich und drängte auf einen Friedensschluss?142 Plausibler
ist, dass der Scholiast an dieser Stelle keine weiteren Quellen nutzte, die Informationen über Eubulos und den Frieden von 355 enthielten, sondern lediglich Demosthenes auf Basis seines allgemeinen Wissens über diese Epoche interpretierte.143
Tatsächlich heißt es in der Passage 3, 28, auf die sich die Notiz bezieht:
141 Schol. Dem. 3, 28 (Dilts 132b): κατὰ τὸν συμμαχικὸν ἀπέστησαν αὐτῶν Χῖοι καὶ Ῥόδιοι
καὶ Βυζάντιοι καὶ ἕτεροί τινες. πολεμοῦντες οὖν πρὸς αὐτοὺς τοὺς μὲν !ἀν"εκτήσαντο τοὺς δὲ οὐκ
ἠδυνήθησαν, εἶτα εἰρήνην ἐποιήσαντο ὥστε πάντας αὐτονόμους ἐᾶσαι τοὺς συμμάχους. τοῦτο
οὖν φησίν, ὅτι καὶ οὓς προσηγαγόμεθα τῷ πολέμῳ, καὶ τούτους διὰ τὴν εἰρήνην ἀπολωλέκαμεν.
τοῦ δὲ τοιαύτην γενέσθαι τὴν εἰρήνην αἴτιος Εὔβουλος οὕτω διοικῶν τὰ πράγματα.
142 Die Deutung Cawkwells 1963, 48, der Scholiast wolle sagen, dass die Friedenszeit nach
355 Eubulos’ Stempel trug, wird jedoch nicht vom Text gestützt, da offenkundig der Friedensschluss selbst gemeint ist.
143 Das hat bereits Sealey 1955, 75 f. vermutet, jedoch ohne Beweisführung. Er zweifelt vor
allem die persönliche Glaubwürdigkeit des Scholiasten an: Dieser gehe fälschlicherweise davon aus, dass nach 355 keine Bundesgenossen im Seebund verblieben seien. Allerdings sagt der
Scholiast nur, dass der Frieden unter der Bedingung geschlossen wurde, dass die Athener allen
Verbündeten Autonomie gewährten. Bereits in der Gründungsurkunde des Zweiten Seebundes
378/377 war diese garantiert worden (vgl. Rhodes – Osborne, GHI, Nr. 22, 19–25 [= IG II2
43]), und es ist nicht unwahrscheinlich, dass diese Garantie im Frieden 355 für diejenigen erneuert wurde, die zwar gegen die Athener zwischen 357–355 gekämpft hatten, aber im Seebund
bleiben wollten. Aus der Formulierung des Scholiasten kann in jedem Fall nicht geschlossen
werden, dass dieser von einem Totalverlust aller Bundesgenossen ausging. Der zweite Einwand
Sealeys, Demosthenes habe sich nicht auf den Bundesgenossenkrieg bezogen, der Scholiast
hingegen schon, ist ebenfalls zurückzuweisen. Demosthenes meint zwar wahrscheinlich nicht
den Bundesgenossenkrieg, wenn er davon spricht, dass die Athener Verbündete im Krieg hinzugewonnen hätten, sondern die dynamische Phase um die Gründung des Zweiten Seebundes und
danach. Doch legt der zeitliche Kontext in Dem. 3, 28 eindeutig nahe, dass der erwähnte Frieden, in dem die Bundesgenossen verloren gingen, derjenige von 355 ist und nicht, wie Sealey
annimmt, die κοινὴ εἰρήνη von 362. Neben dem klaren Hinweis auf den Verlust der Bundesgenossen werden etwa Gebietsverluste angesprochen, die Philipp stark gemacht hätten und daher
sehr wahrscheinlich auf den Konflikt ab 357 zu beziehen sind (vgl. die folgenden Ausführungen
und auch Dem. 4, 4). Der Scholiast liegt demnach nicht prinzipiell falsch, sondern nimmt nur
306
Nicolai Futás
«Wir haben uns zwar das eigene Land rauben lassen und mehr als 1500 Talente für Unnötiges
verschwendet; die Verbündeten aber, die wir im Krieg gewonnen hatten, haben diese Leute im
Frieden verlorengehen lassen, und wir selbst haben uns einen solchen Feind geschaffen. Oder
es trete jemand vor und sage, wodurch sonst Philipp mächtig geworden ist, wenn nicht durch
uns selbst.»144
Anschließend greift Demosthenes die führenden Politiker der Stadt an, die allerdings
nicht namentlich genannt werden. Sie hätten, anstatt gegen Philipp zu agieren, öffentliche Gelder für die Verschönerung der Stadt, für getünchte Zinnen, reparierte Straßen
und Brunnen sowie unnötiges Zeug (λῆροι) verschwendet und mit der Zahlung von
Schaugeldern den Demos befriedigt (ἀγαπῶντες ἐὰν μεταδιδῶσι θεωρικῶν ὑμῖν).145
Durch die Hinweise in anderen Quellen, die Eubulos eng mit den θεωρικά und sogar
mit der Instandsetzung von Straßen, verknüpfen, ist klar, wen Demosthenes – zumindest unter anderem – adressiert.146 Zentral für das Verständnis der Passage ist
der historische Kontext der Rede: Zwischen 357 und 355/354 hatten die Athener
sukzessive Pydna, Poteidaia und Methone an Philipp verloren und ihre Ansprüche
auf Amphipolis begraben müssen.147 Gleichzeitig war die Sezession der wichtigsten
Bundesgenossen Rhodos, Chios und Kos aus dem seit 378/377 bestehenden Zweiten
Seebund im Friedensschluss von 355 akzeptiert worden; möglicherweise waren neben
den genannten Poleis weitere Verbündete ausgetreten.148 Während aus den Folgejahren keine athenischen Rückgewinne bekannt sind, hatte Philipp seinen Einfluss stetig
vergrößern können; 349/348 belagerte er schließlich Olynth, das wiederum Athen um
Hilfe ersuchte. In den drei kurz nacheinander gehaltenen Olynthischen Reden, die der
Debatte über eine mögliche Unterstützung für die Olynthier entstammen, forderte
Demosthenes nun ein aktiveres militärisches Vorgehen gegen Philipp; um dieses zu
ermöglichen, sollte seiner Ansicht nach die großzügige Ausstattung der Theorikonkasse zugunsten der Kriegsgelder beschnitten werden.149
irrtümlich an, dass sich auch die Zugewinne auf den Bundesgenossenkrieg beziehen – was im
Übrigen nicht einmal sicher auszuschließen ist.
144 Dem. 3, 28: ἀπεστερήμεθα μὲν χώρας οἰκείας, πλείω δ’ ἢ χίλια καὶ πεντακόσια τάλαντ’
ἀνηλώκαμεν εἰς οὐδὲν δέον, οὓς δ’ ἐν τῷ πολέμῳ συμμάχους ἐκτησάμεθα, εἰρήνης οὔσης ἀπολωλέκασιν οὗτοι, ἐχθρὸν δ’ ἐφ’ ἡμᾶς αὐτοὺς τηλικοῦτον ἠσκήκαμεν. ἢ φρασάτω τις ἐμοὶ παρελθών, πόθεν ἄλλοθεν ἰσχυρὸς γέγονεν ἢ παρ’ ἡμῶν αὐτῶν Φίλιππος.
145 Dem. 3, 29–31.
146 Vgl. Theopompos FGrHist 115 F 99; Aisch. 3, 25; der zeitgenössische Redner Philinos bei
Harpokration s. v. θεωρικά; Schol. Aisch. 3, 25 (Dilts 69b).
147 Dem. 1, 9; Dem. 4, 4; Diod. 16, 8, 1–5; vgl. auch Isokr. 7, 9.
148 Dazu Dreher 1995, 287–289.
149 Bereits in der Ersten Olynthischen Rede empfiehlt Demosthenes, verfügbare Gelder für
den Krieg bereitzustellen, schränkt aber fadenscheinig ein, dass er nicht beantragt, zu diesem
Zweck das Geld, das den Athenern frei zur Verfügung stehe, als στρατιωτικά zu verwenden
(Dem. 1, 19–20). Demosthenes vermied anscheinend zunächst das Wagnis, durch ein Psephisma
eine Paranomieklage zu riskieren. Durch den Kontext der kurz darauf gehaltenen Dritten Olynthischen Rede wird aber klar, dass hiermit die für die Schaugelder und Bauprojekte verwendeten
Eubulos jenseits von Isokrates und Xenophon
307
Die harsche Kritik und die Abrechnung mit der seines Erachtens zu passiven Politik
ist vor dem Hintergrund dieser Bemühungen zu bewerten und auch zu relativieren.
Dass Demosthenes namentlich nicht genannten Politikern die Priorisierung von Belanglosigkeiten vorwirft und diese mit den Gebietsverlusten der vergangenen Dekade,
dem Aufstieg Philipps und dem schmählichen Frieden von 355 kausal verknüpft, ist
offenkundig als polemischer Versuch zu sehen, die beliebten Schaugelder, vor allem
aber die für die Schaugelder verantwortlichen Redner zu diskreditieren. Wie manipulativ die Passage 3, 28–31 ist, zeigt auch das Schweigen darüber, dass Athen in den
Jahren vor 349/348 durchaus militärisch aktiv war, die Flotte vergrößert und aus der
Schaugelderkasse vielleicht auch militärische Infrastruktur finanziert wurde.150
Vor diesem Hintergrund ist Folgendes am wahrscheinlichsten: Der Scholiast bezog
sich in seiner Notiz nicht nur auf den Satz aus Dem. 3, 28, sondern berücksichtigte die
ganze Passage 28–31. Er zog den gleichen Schluss wie wir heute, der Angriff müsse
sich auf Eubulos bezogen haben; die Texte von Aischines und Theopompos, die diesen
eng mit den Schaugeldern bzw. der Schaugelderkasse verbinden, könnte der Scholiast durchaus gekannt haben. Er ließ sich jedoch von der Rhetorik des Demosthenes
blenden, der den Eindruck erwecken wollte, dass die Politiker, die die Schaugelder
auszahlten und Bauprojekte vorantrieben, auch die erfolglose athenische Außenpolitik der letzten Dekade zu verantworten hatten. Wenn der Scholiast also schreibt, ein
derartiger Frieden – gemeint ist ein Verlustfrieden – sei wegen der Art und Weise
zustande gekommen, wie Eubulos die Staatsangelegenheiten verwaltet habe (διοικῶν
τὰ πράγματα), folgt er lediglich der Darstellung des Demosthenes. Demnach sollte aus
der Notiz des Scholiasten keine umfassende Beteiligung des Eubulos am Zustandekommen des Friedens 355 rekonstruiert werden, zumal keine weiteren Quellen vorliegen, die das stützen könnten.
Versteht man das Scholion dennoch wörtlich und zweifelt seine Verwertbarkeit
nicht an, darf der spezifische Hintergrund des Friedensschlusses nicht außer Acht
gelassen werden. Die Stadt war 355 an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gestoßen:
Chabrias war mitsamt der athenischen Flotte bei Chios untergegangen, gegen die neben Chares führenden Strategen Timotheos und Iphikrates war ein Schauprozess geführt worden, man stand kurz vor dem finanziellen Bankrott und die Perser drohten,
dem Krieg auf der Seite der abtrünnigen Bundesgenossen beizutreten.151 Die Handlungsunfähigkeit Athens ließ keine realistische Alternative zu einem Friedensschluss
zu, und es gibt auch keine Anzeichen einer langanhaltenden Debatte oder einer veMittel gemeint sein müssen (vgl. die Kritik in Dem. 3, 28–31 und zudem Dem. 3, 10–11, wo er
fordert, die Nomotheten einzuberufen, um die geltenden Gesetze über die θεωρικά zu ändern).
Die Ansicht von Harris 2006, 124–129, Demosthenes kritisiere weder in der Ersten noch in
der Dritten Olynthischen Rede die θεωρικά bzw. die dazugehörige Kasse, erschließt sich aus
diesen Passagen nicht.
150 Zu diesen Aspekten siehe S. 310–313.
151 Chabrias: Diod. 16, 7, 3–4; Plut. Phok. 6, 1. Prozess: Isokr. 15, 129. Bankrott: Dem. 20,
24; 115; Dem. 23, 209; Dem. 10, 37. Perser: Diod. 16, 22, 2. Zur Situation vor 355 auch Anm. 81.
308
Nicolai Futás
hementen Opposition, die für die Fortführung des Krieges plädierte. Sollte Eubulos
tatsächlich für den Frieden gestimmt oder ihn vielleicht sogar persönlich beantragt
haben, kann aus dieser Extremsituation nicht ohne Weiteres abgeleitet werden, dass
er von diesem Zeitpunkt an konsequent für Frieden bzw. einen zurückhaltenden außenpolitischen Kurs warb.
Dem mag auf den ersten Blick Eubulos’ Engagement für den Philokratesfrieden widersprechen. Demosthenes berichtet in seiner Rede aus dem Gesandtschaftsprozess
343, dass Eubulos 346 die Stimmung in der Volksversammlung maßgeblich zugunsten
des Friedens beeinflusst haben soll:
«Aber weil du [Eubulos] diese Leute [damals in der Volksversammlung] in Angst versetzt hast,
indem du sagtest, sie müssten unverzüglich zum Piräus runtergehen, Geld beisteuern und die
θεωρικά in στρατιωτικά umwandeln, oder für das stimmen, was dieser [Aischines] unterstützte,
der abscheuliche Philokrates aber beantragte – daraus ergab sich ein schändlicher anstelle eines
gleichberechtigten Friedens.»152
Offenbar argumentierte Eubulos in der Debatte mit den finanziellen und persönlichen
Belastungen, die den Mitbürgern im Falle einer Fortführung des Krieges drohten. Er
sprach anscheinend das gesamte sozioökonomische Spektrum der Bürgerschaft an,
indem er zum einen allgemein auf den Piräus verwies, womit der Zuhörer je nach
Status entweder die Ableistung von Trierarchien oder den Dienst in den Schiffsmannschaften assoziieren konnte, zum anderen konkret die Schaugelder und εἰσφοραί
nannte. Letztere waren Sonderumlagen primär zu Kriegszwecken, mit denen die
wohlhabenden Bürger gerade in der ersten Hälfte des 4. Jhs. belastet wurden; ihre
Nennung dürfte bei finanzkräftigen Athenern dunkle Erinnerungen evoziert haben.153 Die Beschneidung der Schaugelder zielte dagegen klar auf das untere Ende der
sozialen Stratifikation ab.
Diese Stelle ist sicher die wichtigste Stütze für das Bild des überzeugten ‹außenpolitischen Minimalisten› Eubulos, der sein Handeln finanzpolitischen Maximen unterwarf und vor kostspieligen Konflikten warnte. Allerdings muss man bedenken, dass
wir nur über die indirekte Wiedergabe der Argumente bei Demosthenes drei Jahre
nach der eigentlichen Debatte in der Volksversammlung verfügen, zu einem Zeitpunkt, als sich beide im Gesandtschaftsprozess gegenüberstanden. Der Umfang der
Verzerrung durch Auslassung, Verkürzung und Überspitzung entzieht sich unserer
Kenntnis wie auch die Reaktion des angegriffenen Eubulos oder der sich vielleicht
erinnernden Mitbürger. Im Übrigen hatte der als ‹Falke› geltende Demosthenes selbst
152 Dem. 19, 291: ἐπειδὴ δὲ σὺ μὲν τουτουσὶ δεδιξάμενος καὶ φήσας καταβαίνειν εἰς Πειραιᾶ
δεῖν ἤδη καὶ χρήματ’ εἰσφέρειν καὶ τὰ θεωρικὰ στρατιωτικὰ ποιεῖν, ἢ χειροτονεῖν ἃ συνεῖπε μὲν
οὗτος, ἔγραψε δ’ ὁ βδελυρὸς Φιλοκράτης, ἐξ ὧν αἰσχρὰν ἀντ’ ἴσης συνέβη γενέσθαι τὴν εἰρήνην.
153 Vgl. etwa die – topischen (vgl. Cecchet 2015, 208–214) – Klagen darüber: [Dem.] 47,
54; Dem. 28, 17; [Dem.] 50, 7–13. Zur Vielzahl der εἰσφοραί zwischen 395 und 355: De Ste.
Croix 1953, 48–53; Brun 1983, 55; Liddel 2020, 952 f.
Eubulos jenseits von Isokrates und Xenophon
309
für den Frieden mit Philipp plädiert, wobei er im Nachhinein seine Beteiligung zu
marginalisieren versuchte; nicht auszuschließen ist, dass er deswegen Eubulos’ Rolle
in der Debatte 346 besonders aufbauschte.154 Der Kontext ist auch in diesem Fall erhellend: Eubulos arbeitete keineswegs kontinuierlich auf das Zustandekommen eines
Friedens mit Philipp hin. Vielmehr brachte er nach der Zerstörung Olynths, wahrscheinlich im Laufe des Jahres 347, einen Antrag ein, wonach Gesandtschaften aller
griechischen Poleis zu einer Konferenz in Athen zusammenkommen sollten – nicht
gerade ein außenpolitisches Minimalkonzept –, um über ein Bündnis gegen Philipp
zu beraten, den er außerdem öffentlich in der Volksversammlung verfluchte und dessen Tod er beim Leben seiner Kinder beschwor.155 Bei den Friedensverhandlungen im
Frühjahr 346 scheiterten diese Bemühungen jedoch.156 Vielleicht bewog diese Entwicklung Eubulos dazu, seine Position zu überdenken und für den Frieden zu plädieren; situationsbezogene Entscheidungen und Kurswechsel waren schließlich nicht
ungewöhnlich in der athenischen Politik. Man darf seine Rolle beim Zustandekommen des Friedens in jedem Fall nicht überschätzen. Er nahm weder an einer der Gesandtschaften zu Philipp teil, noch stellte er einen Antrag in der Volksversammlung.
Der einzige Hinweis auf sein Wirken 346 stammt aus der in diesem Fall tendenziösen
Feder des Demosthenes, der sein eigenes Handeln verzerrte und gegen Eubulos, der
für Aischines als συνήγορος auftrat, vor Gericht sprach.157
Das zweite Indiz, auf dem das Bild des innenpolitisch aktiven und militärisch
zurückhaltenden Eubulos beruht, ist bereits erwähnt worden: Eubulos soll in den
340er-Jahren Versuche unterbunden haben, Gelder aus der Theorikonkasse in die
Kriegsgelderkasse umzuleiten. Zwei konkrete Angriffe auf die Schaugelder sind bekannt: der erste 349/348, als die Athener im Begriff waren, sowohl auf Euböa als
auch in Olynth militärisch zu intervenieren, der zweite 339/338, als man sich erneut
mit Philipp im Krieg befand. Im früheren Fall hatte Apollodoros im Rat ein Probuleuma eingebracht, wonach die Haushaltsüberschüsse (τὰ περιόντα χρήματα τῆς
διοικήσεως) nicht mehr als θεωρικά, sondern als στρατιωτικά verwendet werden
sollten.158 Der Vorbeschluss war zunächst in der Volksversammlung angenommen
worden, wurde jedoch bereits im Folgejahr durch eine Paranomieklage aufgehoben
und Apollodoros zu einer Strafzahlung von einem Talent verurteilt.159 Die Anklage
hatte jedoch nicht Eubulos, sondern der Redner Stephanos, Sohn des Antidorides, aus
dem Demos Eroiadai geführt. Die einzige direkte Verbindung zwischen beiden ist der
zwischen 343 und 340 anzusetzende Prozess gegen Neaira, in dem Eubulos als Zeuge
154
Aisch. 3, 71–72.
Bündnis: Dem. 19, 10–11; 304; Aisch. 2, 58–62; 79; zur Datierung: Sealey 1993, 151–153;
Worthington 2000, 3. Fluch: Dem. 19, 292.
156 Aisch. 2, 79.
157 Aisch. 2, 184.
158 [Dem.] 59, 3–4.
159 [Dem.] 59, 5–8; s. oben Anm. 89 und 90.
155
310
Nicolai Futás
auftrat.160 Der Prozess wirkt wie eine Revanche des Apollodoros für die frühere Klage
von Stephanos, dessen Lebensgefährtin Neaira war. Eubulos sagte jedoch bemerkenswerterweise nicht für Neaira, d. h. Stephanos, aus, sondern für Theomnestes, der die
Anklage stellvertretend für Apollodoros führte, obwohl Stephanos – im Gegensatz zu
Apollodoros – 349/348 im Sinne dessen gehandelt hatte, wofür auch Eubulos eingetreten sein soll.161
Im zweiten Fall, 339/338, so berichtet Philochoros in seiner Atthis, seien wegen
des Krieges mit Philipp die Arbeiten an den Schiffshäusern und der Skeuothek aufgegeben und auf Antrag des Demosthenes alle Gelder als στρατιωτικά verwendet
worden.162 Bei Philochoros ist nicht von τὰ περιόντα χρήματα τῆς διοικήσεως die
Rede wie im Probuleuma des Apollodoros, sondern von τὰ χρήματα … πάντα. Hier
deutet sich vielleicht an, dass Demosthenes in der Ausnahmesituation von 339/338
beantragte, nicht nur die verfügbaren Gelder, d. h. die Überschüsse, sondern auch
die regulären Zuweisungen an die Theorikonkasse oder sogar aller Kassen kurzfristig
umzuleiten.163 Wie Eubulos hierauf reagierte, ist nicht bekannt, nicht einmal, ob er
zu diesem Zeitpunkt noch politisch aktiv war. In beiden Fällen gibt es demnach keine
Hinweise auf eine direkte Intervention durch ihn.
Andererseits reichen das in Abschnitt III diskutierte, von Eubulos beantragte
Gesetz, das die Umwandlung der Schau- in Kriegsgelder unter Androhung der Todesstrafe verbot, sowie die bei Demosthenes überlieferte Warnung des Eubulos vor
einer Kürzung der θεωρικά im Zuge der Debatte über den Philokratesfrieden für den
Schluss aus, dass dieser tatsächlich die umfangreiche Finanzierung der Schaugelder
und der Bauprojekte gegen Angriffe verteidigt haben dürfte. Daraus kann jedoch keine
grundsätzliche Ablehnung militärischer Operationen abgeleitet werden.164 In der bereits mehrfach bemühten Passage aus dem Kranzprozess berichtet Aischines, die ἐπὶ
τὸ θεωρικόν hätten dank des Vertrauens in Eubulos den Schiffshäusern vorgestanden
und die Skeuothek gebaut (νεωρίων ἦρχον, καὶ σκευοθήκην ᾠκοδόμουν).165 Philocho160 [Dem.] 59, 48. Stephanos ist sonst noch als Teil der dritten athenischen Gesandtschaft
im Zuge des Philokratesfriedens 346 (Aisch. 2, 140) sowie als Antragssteller eines Dekrets, das
die Wiederherstellung des Bündnisses mit Mytilene 346/345 beschloss (IG II3 1, 299, 5), belegt.
161 Ein weiteres Beispiel, das vor einer Rekonstruktion politischer Linien anhand vermeintlicher Allianzen warnt.
162 Philochoros FGrHist 328 F 56a (= Dion. Hal. Amm. 11): Λυσιμαχίδης Ἀχαρνεύς· ἐπὶ
τούτου τὰ μὲν ἔργα τὰ περὶ τοὺς νεωσοίκους καὶ τὴν σκευοθήκην ἀνεβάλοντο διὰ τὸν πόλεμον
τὸν πρὸς Φίλιππον, τὰ δὲ χρήματα ἐψηφίσαντο πάντ’ εἶναι στρατιωτικά, Δημοσθένους γράψαντος.
163 Hierzu passt auch Schol. Aisch. 3, 24 (Dilts 65), wonach Demosthenes als erster beantragte, die Schaugelder in die Kriegsgelderkasse umzuleiten (τὰ δὲ χρήματα τὰ θεωρικὰ εἰς
στρατιωτικὸν μεταβάλλειν ἔπεισε πρῶτος Δημοσθένης).
164 Explizit wird dieser Schluss aber z. B. von Hintzen-Bohlen 1997, 96 gezogen (vgl. das
Zitat in Anm. 8).
165 Aisch. 3, 25. Die Bestimmungen der sogenannten Skeuothek-Inschrift aus dem Jahr 347/
346 zeigen, dass der Baubeschluss in die Zeit fällt, als Eubulos politisch aktiv war (IG II2
Eubulos jenseits von Isokrates und Xenophon
311
ros legt nahe, dass hiermit auch die Finanzierung beider Projekte aus der Theorikonkasse gemeint war.166 Vielleicht hatte Eubulos die Projekte in der Volksversammlung
vorgeschlagen. Dass er eine zentrale Rolle beim Ausbau der Schiffshäuser spielte, legt
auch Deinarchos nahe, der im Zuge der Harpalos-Affäre 323 rhetorisch fragt:
«Denn welche Trieren gibt es, die wegen dieses Mannes [Demosthenes] für die Stadt gebaut
wurden, wie unter Eubulos? Welche Schiffshäuser sind durch sein politisches Wirken entstanden?»167
Offenbar war Eubulos zudem in die Vergrößerung der Flotte involviert. Die Seeurkunden bestätigen, dass diese nach 355 anwuchs,168 und verzeichnen zudem den
Kauf von Schiffsholz durch Eubulos.169 Unklar bleibt allerdings, wie genau Eubulos’
Rolle als Einkäufer zu verstehen ist. Beantragte er, Geld aus der Theorikonkasse für
den Kauf der Hölzer bereitzustellen? Tätigte er in seiner Funktion als Kassenbeamter
den Kauf? Oder ist Aischines’ Passage aus der Kranzrede doch wörtlich zu nehmen
und Eubulos tat dies in der Funktion der ἐπιμελητὴς τῶν νεωρίων?
Solche Rüstungsprojekte zeigen, dass Eubulos Investitionen im militärischen Bereich nicht nur nicht ablehnte, sondern selbst vorantrieb.170 Daneben gibt es Hinweise
darauf, dass Eubulos einem außenpolitisch offensiven Vorgehen nicht abgeneigt war.
1668). Das postume Ehrendekret für Lykurg aus dem Jahr 307/306 bestätigt die Chronologie,
da dieser nach 339/338 die Wiederaufnahme des Baus der unvollendeten Schiffshäuser und der
Skeuothek bewirkte: AIO 871, 5–6 (= IG II2 457+3207); vgl. auch die literarisch überlieferte
Version: [Plut.] X orat. 841D; 852C.
166 Vgl. auch Meier 2012, 51–53. Beide Projekte scheinen zumindest teilweise aus einer speziellen εἰσφορά finanziert worden zu sein, die zwischen 347/346 und 323/322 jährlich – wahrscheinlich nur unter Metöken, nicht Bürgern – in Höhe von zehn Talenten erhoben wurde, wie
aus einem Ehrendekret für zwei Metöken aus dem Jahr 302/301 hervorgeht (IG II2 505, 12–17);
dazu Gabrielsen 2013, 334; Fawcett 2016, 158. Die Erträge aus dieser Erhebung könnten
zunächst der Theorikonkasse zugewiesen worden sein, aus der wiederum die Projekte finanziert
wurden. Vgl. auch IG II3 1, 429 (337/336), 12–13 mit Gabrielsen 2013, 334.
167 Din. 1, 96: ποῖαι γὰρ τριήρεις εἰσὶ κατεσκευασμέναι διὰ τοῦτον, ὥσπερ ἐπὶ Εὐβούλου, τῇ
πόλει; ἢ ποῖοι νεώσοικοι τούτου πολιτευομένου γεγόνασι;
168 Umfasste die Flotte 357/356 noch 283 Trieren (IG II2 1611, 3–9), waren es im Jahr 353/352
349 (IG II2 1613, 284–292), 330/329 (= das nächste überlieferte Jahr) sogar 392 Trieren und 18
Tetreren (IG II2 1627, 266–278).
169 Insgesamt 25 Einheiten (= Stämme), davon die meisten fünf Klafter lang (= ca. 9,3 m): IG
2
II 1627, 352–356 (330/329): ἐν τῆι ἀρχαίαι σκ[ε]υοθήκει· | νεῖα καινά ΔΔ[𐅃], | ὧν Εὔβουλος
ἐπρ[ία]το· | τούτων τὰ πλεῖστα | πεντώρυγα. Vgl. auch die repetitiven Folgedokumente: IG II2
1628, 523–525 (326/325); in Zeile 524 wird zudem die Ergänzung ΔΔ[𐅃] in IG II2 1627 abgesichert, da hier die Anzahl ΔΔ𐅃 vollständig erhalten ist; IG II2 1629, 1000–1003 (325/324); IG
II2 1631, 231–236 (323/322).
170 Auch sei in diesem Kontext noch einmal auf die Schuldenliste der 340er-Jahre aus dem
Piräus verwiesen. Schließlich ist überlegt worden, ob Eubulos der Urheber einer Reform der
Reiterei gewesen sein könnte, die bei Din. 1, 96 in einem losen Kontext mit Eubulos genannt
wird; das ist allerdings sehr unsicher (vgl. die Diskussion bei Cawkwell 1963, 65 f.; Oliver
2011, 126).
312
Nicolai Futás
Das gilt vielleicht schon für das oben erwähnte Bündnis, das er vergeblich gegen Philipp in die Wege zu leiten versuchte. Hier ist allerdings unklar, welchen Charakter die
Allianz am Ende haben sollte. Bei Demosthenes ist nur allgemein von einer Konferenz
die Rede, bei der über den Krieg mit Philipp beraten werden sollte (περὶ τοῦ πρὸς
Φίλιππον πολέμου), Aischines spricht von einem gesamtgriechischen Bündnis, um
entweder gemeinsam Krieg gegen Philipp zu führen, wenn nötig, oder Frieden mit
diesem zu schließen, wenn es günstig erscheine (ἵνα κοινῇ καὶ πολεμοῖεν, εἰ δέοι,
Φιλίππῳ, καὶ τῆς εἰρήνης, εἰ τοῦτο εἶναι δοκοίη συμφέρον, μετέχοιεν).171 Doch später,
am Vorabend des zweiten Krieges (340–338), stellte Eubulos einen Antrag, der sich
gegen Aggressionen Philipps richtete und bei dem ein militärisches Vorgehen nicht
unwahrscheinlich ist, auch wenn der genaue Inhalt sich unserer Kenntnis entzieht.172
Noch ein anderer Aspekt ist bezeichnend: Mit Ausnahme der Passage über den
Philokratesfrieden aus der Gesandtschaftsrede gibt es keinen stichhaltigen Hinweis
darauf, dass Eubulos jemals gegen eine militärische Unternehmung oder für Frieden
gestimmt oder agiert hätte. Wenn Eubulos so mächtig war, wie es die Quellen andeuten und die Forschung durchweg annimmt, gleichzeitig aber militärische Operationen ablehnte, ist kaum zu erklären, warum während seines politischen Wirkens eine
Vielzahl an kostspieligen Unternehmungen beschlossen wurde; allein die Expedition
zu den Thermopylen 352 verschlang nach Demosthenes mehr als 200 Talente – eine
Summe, die durch die drei Olynthischen Hilfsexpeditionen noch einmal erheblich
übertroffen worden sein dürfte.173
171
Dem. 19, 10; Aisch. 2, 57. An anderer Stelle bezieht Aischines sich unspezifisch auf ein
Bündnis gegen Philipp (Aisch. 2, 79; 164).
172 Dem. 18, 69–70; 75. Die Anträge gehören in das Vorfeld des zweiten Krieges mit Philipp,
da zum einen Demosthenes an dieser Stelle der Kranzrede auf den Vorwurf der Kriegshetze in
der Zeit vor 340 bei Aisch. 3, 82–83 reagiert, zum anderen die Auswahl der Übergriffe Philipps
bis in die Zeit nach 346 reicht, sogar in Dem. 18, 73 die Kaperung der Getreideflotte durch Philipp, also der unmittelbare Kriegsanlass, genannt wird (dafür plädieren auch Wankel 1976, 412;
415–417; Harris 1995, 165). Wie Wankel schreibt, wäre es außerdem zu plump gewesen, alte
antimakedonische Anträge von Eubulos usw. aus der Zeit des ersten Krieges zu verlesen (vgl.
ebd., 415).
173 Vgl. die Meinungen in den Anm. 1, 13 und 14. Zwischen 353 und 346 ist eine ganze
Reihe an militärischen Unternehmungen belegt, wie schon diese unvollständige Zusammenschau zeigt: 353: Chares operierte mit einer Flotte unbekannter Größe am Hellespont (Diod. 16,
34, 3). 353: Die Athener entsandten eine Hilfsexpedition nach Methone, das von Philipp belagert
wurde, allerdings zu spät (Dem. 4, 35). 352: Chares operierte mit einer Flotte (μετὰ πολλῶν
τριήρων) an der thessalischen Küste (Diod. 16, 35, 5). 352: Nausikles hielt sich längere Zeit mit
5000 Mann und 400 Reitern nach der Schlacht auf dem Krokusfeld an den Thermopylen auf,
um den Pass gegen Philipp abzusperren (Philochoros FGrHist 328 F 153 [= Dion. Hal. Dein. 13];
Diod. 16, 37, 4; 38, 2; die Kosten der Unternehmung lagen nach Dem. 19, 84 bei mehr als 200
Talenten). 352: Athenische Truppen erreichten zu spät Pagasai (Dem. 4, 35). 351: Charidemos
operierte mit zehn Schiffen an der Thrakischen Chersones (Dem. 3, 5). 349: Phokion befand sich
mit Truppen auf Euböa (Dem. 5, 5; Dem. 21, 161; Aisch. 3, 86; Plut. Phok. 12). 349/348: Es wurden drei separate Hilfsexpeditionen auf die Chalkidike beschlossen, um Olynth gegen Philipp
Eubulos jenseits von Isokrates und Xenophon
313
Daran wird außerdem deutlich, dass sehr wohl – und offenbar ausreichend – Geldmittel für militärische Unternehmungen bereitstanden, auch wenn Demosthenes in
seinen Olynthischen Reden einen anderen Eindruck vermitteln wollte. Die Umleitung
von Mitteln in die Kriegsgelderkasse war also die Forderung nach einer zusätzlichen
Ausstattung. Nur weil Eubulos hiergegen vorging, bedeutet das folglich nicht automatisch einen generellen Verzicht auf den Einsatz von Heer und Flotte, sondern lässt die
Möglichkeit offen, dass er eine ausgewogene Verteilung der Geldmittel im Blick hatte,
die sowohl Unternehmungen fernab von Athen als auch die Realisierung wichtiger
Projekte zuhause ermöglichte.
Insgesamt zeigt sich, dass das Bild des außenpolitisch zurückhaltenden Wirkens des
Eubulos auf wenigen Quellen basiert und in einem erheblichen Maß durch die Dritte
Olynthische Rede und die Gesandtschaftsrede des Demosthenes geprägt wurde, atmosphärisch angereichert durch die Schriften von Isokrates und Xenophon, die hier aus
methodischen Gründen außer Acht gelassen wurden. Tatsächlich bleibt nur die Beteiligung an zwei Friedensschlüssen, wobei für den ersten keine zuverlässige Evidenz
vorliegt und seine Rolle beim zweiten vielleicht im Nachhinein übertrieben wurde.
Die Priorisierung der Schaugelderkasse, aus der auch militärische Projekte finanziert
wurden, war kein Veto gegen militärische Unternehmungen. Vielmehr erwecken die
Quellen den Eindruck, dass sich Eubulos keineswegs auf eine dezidiert zurückhaltende
oder gar passive Außenpolitik beschränkte, sondern um die Aufrüstung der Flotte und
den Ausbau des Piräus bemüht war, eine dynamische Bündnispolitik betrieb, Aktivitäten gegen Philipp beantragte und diesen sogar in der Volksversammlung öffentlich
verfluchte. Sowohl die Aufrüstung als auch die in dieser Zeit durchaus nachweisbaren
Operationen kosteten Geld, doch scheint das weder Eubulos noch andere von diesen
Vorhaben abgebracht zu haben. Dass ein konsequenter militärischer Sparkurs zur fiskalischen Erholung zwischen 355 und 340 beitrug, darf also bezweifelt werden.
VI Ergebnisse
Wie ist nun das politische Wirken des Eubulos einzuordnen? Am Ende des Bundesgenossenkrieges waren die öffentlichen Kassen leer und die Einnahmen reichten nicht
mehr aus, um die hegemonialen Ambitionen im Seebund und in der Nordägäis gegen
beizustehen: Zunächst wurde Chares mit 2000 Peltasten und 38 Trieren dorthin entsandt; dann
ersetzte ihn Charidemos mit 4000 Peltasten und 150 Reitern sowie 18 Trieren; schließlich folgte
erneut (und zwar zusätzlich zu dem Aufgebot unter Charidemos) Chares mit 2000 Hopliten und
300 Reitern sowie 17 Trieren (Philochoros FGrHist 328 F 49–51 [= Dion. Hal. Amm. 9]; vgl.
auch Dem. 21, 197). Nach der Schätzung von Gabrielsen 2008, 56–60 lag der Unterhalt einer
Triere und ihrer 200 Mann starken Besatzung im Einsatz bei ca. einem Talent pro Monat, was
bei einer z. B. 38 Trieren umfassenden Flotte wie im Fall des Chares 348 für eine dreimonatige
Unternehmung – und das wäre kurz – allein deutlich über 100 Talente an Unterhalt bedeutet
hätte, die Peltasten noch nicht eingerechnet.
314
Nicolai Futás
den erstarkenden Philipp zu realisieren. Außerdem war das wichtigste Machtinstrument der Athener, die Flotte, mehrfach geschlagen worden, sodass man schließlich
355 einen schmachvollen Verlustfrieden mit den Bundesgenossen akzeptieren musste.174 In dieser prekären Situation betrat Eubulos die politische Bühne der Stadt. Es
gelang ihm, einerseits die Schaugelder als feste staatliche Zahlungen zu etablieren
und dem Vorsteheramt der dazugehörigen Kasse exzeptionelle Kontrollbefugnisse zu
verschaffen, andererseits hierdurch eine in seiner Zeit wohl einzigartige Expertise zu
erwerben. Dies und die Beliebtheit, die ihm durch den persönlichen Einsatz um die
Schaugelder zuteilwurde, verschaffte ihm eine schon von den Zeitgenossen wahrgenommene exponierte Stellung unter den einflussreichsten Rednern der Stadt. Möglich
erscheint diese Entwicklung auch vor dem Hintergrund eines generellen Bedeutungszuwachses fiskalischer Fragen infolge der anhaltenden finanziellen Probleme in der
ersten Hälfte des 4. Jhs.; erst dadurch konnte finanzielle Expertise in der politischen
Debatte eine so große Bedeutung erlangen.175
Sofern bei ihm ein zentrales Leitmotiv seines Handelns erkennbar ist, spricht die
Evidenz am ehesten für den Versuch, die finanziell und machtpolitisch erschöpfte
Polis nach 355 zu revitalisieren und auf den Kampf gegen die makedonische Expansion vorzubereiten: Eubulos war um die fiskalische Sanierung der Stadt bemüht, trieb
gleichzeitig die Aufrüstung der Flotte voran und strebte ein gesamtgriechisches Bündnis gegen Philipp an, auch wenn Letzteres scheiterte.176 Vielleicht sind auch seine intensiven Bemühungen um die Schaugelder oder – allgemeiner formuliert – die Sorge
um die Kulte und das Theater vor dem Hintergrund der athenischen Fragilität in den
350er-Jahren zu verstehen, schließlich dürfte eine lebendige, demokratisch konnotierte Festkultur die Kohäsion der Polisgemeinschaft, die nach 404/403 erneut mit
einem umfassenden Scheitern ihrer Hegemonialpolitik konfrontiert war, gestärkt
haben.
Gleichzeitig gibt es keine überzeugenden Anzeichen dafür, dass Eubulos eine minimalistische oder zurückhaltende Außenpolitik befürwortete. Darüber hinaus erscheint
es abwegig, seine Bemühungen rein defensiv oder gar als Abkehr von imperialen Bestrebungen zu deuten.177 Das Aufrüsten von 300–400 Schiffen und der Unterhalt der
größten Flotte ihrer Zeit sprechen eine klare Sprache. Untersuchungen zu den politischen Reden der zweiten Hälfte des 4. Jhs. haben außerdem deutlich gezeigt, dass
hegemoniale Ambitionen trotz der empfindlichen Rückschläge sowohl nach 355 als
auch nach Chaironeia 338 den öffentlichen Diskurs Athens weiterhin dominierten und
174
175
Anm. 81, 147 und 151.
Diesen Aspekt hat vor allem Rohde 2015, 67–69; dies. 2019, 255–276; 283 herausgear-
beitet.
176
Schon Beloch 1884, 176 hat es auf den Punkt gebracht: «Er [Eubulos] erkannte, dass nur
ein innerlich starkes Athen im Stande sein konnte, wenn es galt, mit Nachdruck für den Schutz
der eigenen Interessen einzustehen; und wie die Dinge lagen, war eine blühende Finanz dazu
das erste Erforderniss.»
177 So etwa Rohde 2019, 273.
Eubulos jenseits von Isokrates und Xenophon
315
der Verlust der Vormachtstellung mit dem Verlust der Freiheit gleichgesetzt wurde.178
Es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass Eubulos sich dieser Logik widersetzte.
Vielmehr scheint es sinnvoll, zwischen dem langfristigen Ziel der Athener – und dies
konnte, wie die Quellen nahelegen, nur die eigene Hegemonie sein – und den tatsächlichen politischen Möglichkeiten zu unterscheiden. Mit Philipp trafen die Athener
wie auch die übrigen Poleis erstmals auf einen Gegner, dessen rasch voranschreitende
Expansion sie vor sich hertrieb und keine Alternative zu einer reagierenden, in diesem
Sinne defensiven Politik zuließ. Gerade die drei Hilfsexpeditionen auf die Chalkidike
und später der erneut aufflammende, vor allem am Hellespont ausgetragene Konflikt
340–338 zeigen aber deutlich, dass die Athener mit ihrer großen Flotte die gesamte
Ägäis als eigene Interessenssphäre, die es zu schützen galt, begriffen. Pocht man darauf,
eine Verteidigungspolitik zu erkennen, so kann damit also nur ein sehr weitgefasstes
Verständnis von Defensive gemeint sein, das in erster Linie auf die Konservierung der
eigenen Chance zur Wiedergewinnung der Hegemonie abzielte. Es ist bezeichnend,
dass sowohl Eubulos als auch später Demosthenes auf ein gesamtgriechisches Bündnis
hinwirkten, an dessen Spitze Athen die Freiheit – in der athenischen Logik die eigene
ἀρχή – zu sichern versuchte.
Theopompos und Plutarch vermitteln den Eindruck, dass Eubulos durch seine
Akribie maßgeblich an der positiven Entwicklung der Staatsfinanzen mitwirkte und
damit das Fundament der Aufrüstungspolitik legte. Für konkrete Maßnahmen, an
denen Eubulos beteiligt war, lassen sich jedoch nur vereinzelte Indizien zusammentragen, aus denen kein kohärentes Bild zu gewinnen ist. Noch am deutlichsten treten Eubulos’ Bemühungen im Zuge einer effizienteren Finanzverwaltung hervor. Sollten sich
die Hypothesen über seine Rolle in der marathonischen Tetrapolis und beim Neubau
des Dionysostheaters bewahrheiten, ließe sich außerdem der Versuch erkennen, private Vermögen in größerem Umfang in die öffentliche Finanzierung einzubinden –
etwa als Startkapital für renditeversprechende Investitionen oder wirtschaftsfördernde
Bauprojekte. Gerade die von Reziprozität geprägte Kooperation zwischen (wohlhabenden) Bürgern und dem Demos wäre im Bereich der öffentlichen Finanzierung
höchst innovativ gewesen und als Teil eines grundlegenden Paradigmenwechsels in
der Polisfinanzierung zu begreifen, der sich zur Mitte des 4. Jhs. auch unabhängig
von Eubulos’ Wirken abzeichnet: Bis dahin hatte man vor allem darauf gesetzt, die
wohlhabenden Bürger über prinzipiell obligatorische Liturgien und εἰσφοραί an der
Finanzierung der Polis zu beteiligen. Dies hatte zu erheblichen Spannungen zwischen
der sozialen Elite und dem übrigen Demos geführt, jedoch die finanziellen Probleme,
die zu dieser Zeit bestanden, nicht gelöst.179 Ab der Jahrhundertmitte lassen sich hingegen in zunehmender Frequenz und in immer mehr Bereichen, nicht nur dem Finanzsektor, Versuche beobachten, das Verhalten wohlhabender Bürger, aber auch von
178 Vgl. dazu grundlegend Badian 1995, 79–106 über den «Ghost of Empire» im 4. Jh.; zu
den Diskursen vor allem Wilker 2016, 133–149.
179 Zum Zwangscharakter von Liturgien und εἰσφοραί: Christ 1990; ders. 2006.
316
Nicolai Futás
Metöken und Fremden, durch Anreize ökonomischer Natur oder in Form öffentlicher
Ehrungen und damit die Aussicht auf Prestige im Interesse der Polis zu beeinflussen.
Zuvor noch als subversives Element in der isonomen Demokratie gesehen, trugen
euergetische Praktiken nun auch auf der Polisebene in einem zunehmenden Ausmaß
zur öffentlichen Finanzierung bei.180 Hiermit war ein substanzielles Umdenken im
Demos verbunden, das nicht nur die Beziehung zwischen einzelnen Bürgern und dem
Demos, sondern auch die politische Kultur nachhaltig veränderte und damit der politischen Ordnung Athens in hellenistischer Zeit den Weg bereitete. Dieser Wandel lässt
sich sowohl institutionell als auch in den Diskursen greifen. Er reicht zwar in seinen
Wurzeln in die Zeit des Peloponnesischen Krieges zurück, scheint jedoch – durch die
fiskalische Krise am Ende des Bundesgenossenkrieges katalysiert – zwischen 355 und
322 eine besondere Dynamik entfaltet zu haben.181
Betrachtet man Eubulos in einem größeren Zusammenhang, wird deutlich, dass er
zwar ein wichtiger, vielleicht sogar der wichtigste Politiker nach 355 war, jedoch sicher
nicht der Einzige, der sich für eine Sanierung der maroden Haushaltslage einsetzte
und dabei eine besondere Akribie oder Kreativität bewies. Auch andere Personen, die
nicht ohne Weiteres zum ‹Dunstkreis› des Eubulos gezählt werden können, bemühten
sich zeitgleich um die Staatsfinanzen, so z. B. Leptines, Androtion oder Demosthenes, der im Übrigen in seiner Leptines-Rede ganz ähnliche Vorstellungen über den
Zusammenhang von Anreizen und Verhaltenssteuerung erkennen lässt, wie sie in
den anzunehmenden Maßnahmen des Eubulos durchscheinen.182 Die maßgebliche
Herausforderung bei der Zuordnung der Reformen, die in der wichtigen Umbruchphase zwischen 355 und 322 angestoßen wurden, zu bestimmten Akteuren liegt in
der dürftigen Quellenlage. Die erkennbaren Maßnahmen bleiben ohne Urheber oder
erkennbare Urheber ohne scharfes Profil. Zusammen mit der Prominenz des Eubulos
und dem Programm in den Πόροι Xenophons entsteht leicht das Bild einer kohärenten Finanz- und Wirtschaftspolitik einer Einzelperson oder einer homogenen Gruppe
von Politikern. Tatsächlich ist es aber so, dass niemand benannt werden kann, der eine
ernsthafte Alternative zu diesem politischen Kurs anbot und verfocht. Es ist in Anbetracht der massiven finanziellen Probleme zur Jahrhundertmitte davon auszugehen,
dass die Sanierung des Haushalts einen breiteren Rückhalt unter den politischen Meinungsführern in der Volksversammlung genoss. Auch eine Person, die militärische
Unternehmungen oder die Fortführung des Krieges mit Philipp befürwortete, kann
eine innovative Fiskalpolitik unterstützt haben. Gerade weil Krieg viel Geld kostete,
wäre sogar ein gesteigertes Interesse zu vermuten. Die Konfliktlinien, die sich in den
180 In den Demen waren euergetische Praktiken auch schon vor der Jahrhundertmitte ein
fester Bestandteil des gemeinschaftlichen Zusammenlebens (vgl. dazu etwa Whitehead 1986,
149–175; 234–252, insbesondere 239–241; Deene 2013, 69–87; Osborne 2019, 152; 156 f.).
181 Diese Entwicklung untersuche ich ausführlich in meiner laufenden Dissertation.
182 Vgl. Dem. 20, 5; 120; 134; 154–155. Leptines: Dem. 20; APF 9046. Androtion: Harding
1976, 186–200.
Eubulos jenseits von Isokrates und Xenophon
317
Quellen abzeichnen, verlaufen bezeichnenderweise nicht zwischen der prinzipiellen
Frage, ob oder ob nicht, sondern zu welchem Zeitpunkt, für was genau und wie viel
Geldmittel für militärische Operationen bereitgestellt werden sollten. Die Priorisierung fiskalischer Fragen war so gesehen keine Entscheidung für oder gegen die athenische Hegemonie, sondern eine Reaktion der Athener auf das strukturelle Dilemma,
die eigenen machtpolitischen Ambitionen ohne die umfangreichen Einnahmen aus
dem Ersten Seebund realisieren zu müssen. Hier wie auch in anderen Facetten zeigt
sich die große Transformationskraft der athenischen Demokratie im 4. Jh.
Es passt ins Bild, dass die Politik, die mit Eubulos verbunden wird, auch nach seinem Rückzug ins Private bzw. Ableben in den 330er- und 320er-Jahren fortgeführt
wurde; dort zeigen sich deutliche Parallelen oder – in Anbetracht der engen zeitlichen Abfolge – eher Kontinuitäten.183 Nach Chaironeia 338 befand sich die Stadt
erneut an einem Tiefpunkt, auf den wie nach 355 eine in ihrem Muster sehr ähnliche
Revitalisierung in militärischer, fiskalischer und kultureller Hinsicht erfolgte.184 Vor
allem der Name Lykurgs ist analog zu Eubulos persönlich mit der Aufrüstung der
Flotte, dem Ausbau der Schiffshäuser und dem Bau der Skeuothek verbunden.185 Er
trieb nach Ausweis seines postumen Ehrendekretes von 307/306 die Fertigstellung
dieser Projekte, wie auch des Dionysostheaters, maßgeblich voran.186 Dabei scheint
die Art und Weise, wie Eubulos und Lykurg Politik betrieben, relativ ähnlich gewesen
zu sein: Das Amt ἐπὶ τῆι διοικήσει verlieh Lykurg, wie schon der Titel vermuten lässt,
umfassende Einsichten in den athenischen Haushalt und ermöglichte ihm – diesmal
allerdings qua Amtsgewalt – ein Mitwirken am μερισμός.187 Auch Lykurg übte seinen
Einfluss in der Volksversammlung, in den Gerichten und wahrscheinlich auch vor
den Nomotheten aus, indem er seine finanzpolitische Expertise und seine moralische
Autorität zur Geltung brachte. Ebenso war er um die Kulte, Feste und das Theater
bemüht, insbesondere um deren Finanzierung.188 Dieser Aspekt ist für Lykurg deutlich besser belegt als für Eubulos, wie auch generell mehr Evidenz aus den 330er- und
320er-Jahren zur Verfügung steht. Daher treten die meisten Aspekte, die sich schon
zur Jahrhundertmitte andeuten, in dieser Periode profilierter hervor. Hier bestätigt
sich im Übrigen auch, dass mit einem größeren Kreis an Politikern zu rechnen ist,
183
Letzteres betont vor allem Oliver 2011, 119–131.
Grundlegend zu der Phase zwischen 338 und 322: Faraguna 1992; Hintzen-Bohlen
1997, 105–140; Humphreys 2004, 77–129; Burke 2010, 393–401. Wie Eubulos ist auch Lykurg
in der Forschung als außergewöhnlich prägend wahrgenommen worden, so z. B. von Engels
1988, 90 («Lykurgische[s] Athen»); Hintzen-Bohlen 1997, 11 («Lykurg-Ära»); Mikalson
1998, 11 («The Age of Lycourgos»); Faraguna 2011, 85 («Lykourgan Athens»); Domingo
Gygax 2016, 16 («the Athens of Lycurgus»); Lambert 2018b, 93 («Lykourgan Athens»; vgl.
allerdings die relativierende Bemerkung ebd., 117 mit Anm. 8).
185 AIO 871, 5–6; [Plut.] X orat. 841D; 852 C.
186 AIO 871, 6–7; [Plut.] X orat. 852 C.
187 Vgl. Lewis 1997, 227–229; Rhodes 2013, 223.
188 Zu diesem Aspekt vor allem: Hintzen-Bohlen 1997, 95–140; Mikalson 1998, 11–45;
Humphreys 2004, 77–129; Lambert 2012, 337–362; Csapo – Wilson 2014, 393–424.
184
318
Nicolai Futás
die – zum Teil auch über sonstige Differenzen hinweg – finanzpolitisch in ähnliche
Richtung agierten.189 Insofern sollte Eubulos der dürftigen Quellenlage Rechnung tragend weniger als ‹Mastermind› der gesamten athenischen (Finanz)politik nach dem
Bundesgenossenkrieg gesehen werden, sondern als führender Repräsentant einer
offenbar mehrheitsfähigen, generationenübergreifenden Strömung, die im Angesicht
struktureller Zwänge handelte.
Seminar für Alte Geschichte und Epigraphik
Universität Heidelberg
Marstallhof 4
69117 Heidelberg
nicolai-futas@web.de
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politischer Rivale des Lykurg gilt und dennoch mit ähnlichen Maßnahmen von fiskalpolitischer
Relevanz wie jener verbunden werden kann.
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